Buchkritik -- Wenn der Wind den Weg vergisst / Mein Vater war Schaffner

Umschlagfoto, Buchkritik, Wenn der Wind den Weg vergisst, Mein Vater war Schaffner , InKulturA Lyrik, als literarische Gattung schon oft für tot erklärt, erfährt aktuell wieder steigende Aufmerksamkeitskurven. Zwei neue Gedichtbände, vorgelegt von Michael Kreisel, beweisen, dass diese Form der Literatur nichts weniger als altbacken oder unzeitgemäß sein muss, sondern aktuell, jedoch sich nicht dem Zeitgeist anbiedernd, aber durchaus pointiert und hochgradig einfühlsam daherkommen kann.

„Mein Vater war Schaffner“ ist eine Sammlung sehr persönlicher, fast intimer Darstellungen, die es jedoch vermeiden die Grenze zur Sentimentalität zu überschreiten. Gelebtes Leben, Verlust und Scheitern treffen auf Hoffnung, Kampf und Lebensfreude. Blicke nach hinten kombinieren sich mit Freude und Neugier auf die Zukunft.

Es sind stille Zeilen, die der Autor hier veröffentlicht hat und der Leser ist tief bewegt von den Eindrücken, die einen genauen Blick auf die Verfasstheit des Schriftstellers erlauben. Ohne Aufdringlichkeit und Larmoyanz ziehen die einzelnen Gedichte einen großen Bogen um Alltägliches, dass, ob wir es wollen oder nicht, unser Leben bestimmt und, wollen wir eine ehrliche Bilanz ziehen, das ist, was uns eigentlich ausmacht.

Der zweite Band „Wenn der Wind den Weg vergisst“ besteht aus einer Sammlung von Haiku-Gedichten, die von der traditionellen und strengen japanischen Form abweichen und weniger den Jahreszeiten, sondern wiederum dem Alltäglichen eine Form verleihen, die den kurzen Augenblick des Überraschenden festzuhalten versucht und ein Gespür für die winzigen Momente durchscheinender Transzendenz offenbart, die durch Hektik und Alltagsblindheit drohen verloren zu gehen.

Während sich der Autor von Romanen trefflich hinter seinen Figuren und Protagonisten verstecken kann, zeigen diejenigen, die sich der Form des lyrischen Ausdrucks bedienen ihre, um es salopp auszudrücken, offene Flanke. Dass das ohne anbiedernde Intimität geschehen kann, zeigen nicht zuletzt die beiden Gedichtbände von Michael Kreisel.




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Veröffentlicht am 5. Mai 2019

Rezension von Silke Marchmann