Wenn das Lachen zur Straftat werden könnte

Über die hypothetische Heiligsprechung politischer Empfindlichkeiten

Man stelle sich ein Deutschland vor, das sich entschlösse, endgültig erwachsen zu werden — erwachsen im Sinne jener empfindlichen Sorte Erwachsensein, die bereits bei einem gehauchten Kichern die Würde des Amtes in Gefahr wähnte. Und so könnte es geschehen, dass der § 188 StGB, bislang ein eher stiller Paragraph im Strafgesetzbuch, plötzlich eine Renaissance erlebte, weil jemand auf die Idee gekommen sein könnte, er müsse „geschärft“ werden. Weiterlesen

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Wir bestimmen, was erlaubt ist

Es gibt Momente, in denen ein Land gewissermaßen versehentlich in den Spiegel schaut und erschrickt. Nicht über die Pickel der Jugend oder die Falten des Alters, sondern über diese eigentümliche Doppelbelichtung, bei der sich moralischer Hochmut und staatstragender Pflichtwille überlagern wie schlecht kopierte Folien. Man sieht nicht mehr, was eigentlich Realpolitik ist und was moralische Jonglage, und genau in diesem goldglänzenden Nebel bewegen sich derzeit jene Stimmen, die bestimmt haben wollen, welche Empörung erlaubt, welche geduldet und welche ab sofort unerwünscht ist. Weiterlesen

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Die glorreiche Regression – oder nicht doch eher Hybris?

Ein Hoch auf den modernen Fortschritt

Wir sind die Krone der Schöpfung. Wir, die aufgeklärten Kinder des 21. Jahrhunderts, die wir mit einem Wischen auf einem Glasrechteck das gesammelte Wissen der Menschheit abrufen, unsere Pizza per App bestellen und unseren Weg zum nächsten Café von einem Satelliten im Orbit leiten lassen. Wir haben es geschafft. Der Fortschritt hat triumphiert. Wir sind so brillant, dass wir für jedes Problem eine App haben und für jede Wissenslücke einen Wikipedia-Artikel, den wir bis zur Hälfte überfliegen. Weiterlesen

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Es geht wieder ein Gespenst um in Europa…

Es geht wieder ein Gespenst um in Europa. Nicht das Marx’sche Gespenst, das wenigstens noch einen Hauch intellektuellen Unterhaltungswert besaß, sondern ein weit gefährlicheres: das Gespenst des Friedens. Kaum ausgesprochen, erzeugt es in den Machtzentren des Kontinents hysterische Atemnot, jene spezielle Form politischer Panik, die entsteht, wenn Realitäten drohen, sich gegen das bequeme Selbstbild zu wenden. Weiterlesen

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Wenn der alte weiße Mann Suppe kochen muss

Es beginnt in jenem politisch aromatisierten Paralleluniversum, in dem Funktionäre der Gegenwart mit einer Selbstgewissheit auftreten, als hätten sie den Ernstfall persönlich erfunden. Eine grüne Spitzenpolitikerin, frisch aus dem Kokon der moralischen Veredelung, unberührt von Kasernenstaub, aber vertraut mit energetischen Raumbeduftungen, entdeckt plötzlich die Älteren. Nicht als Wähler, nicht als mahnende Stimmen der Erfahrung, sondern als Reservebestand. Als hinterlegte Notfall­konserven. Als Wehrkraftverstärkungs-Variante „Senioren mild“. Weiterlesen

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Putin ante portas

Die Luft erzittert. Nicht vor Kälte, nein, das wäre ja noch normal für einen durchschnittlich apokalyptischen Winter im Herzen Europas. Sie erzittert vor Furcht. Einer Furcht, die so dicht ist, dass man sie mit dem Löffel essen könnte, serviert zum Frühstücksfernsehen und als Betthupferl in den Spätnachrichten. Putin steht vor der Tür. Nicht vor irgendeiner Tür, nein, vor unserer Tür. Der kollektiven Haustür des Westens, und er hat nicht etwa geklingelt, um nach Zucker zu fragen. Weiterlesen

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Moral und Müdigkeit im modernen Kriminalroman Teil III

Die Zuschauer des Verbrechens

Das Publikum zwischen moralischer Erschöpfung und voyeuristischer Faszination

Der Kriminalroman beginnt traditionell mit einer Leiche, und endet mit einer Wahrheit. Doch zwischen diesen beiden Polen hat sich in den letzten Jahrzehnten ein Dritter eingeschlichen: der Zuschauer. Er ist die stille Figur, die alles zusammenhält, und zugleich der wahre Gegenstand der modernen Kriminalliteratur. Denn ohne ihn gäbe es kein Verbrechen, das erzählt, kein Schuldgefühl, das erlebt, kein Recht, das wiederhergestellt werden müsste. Weiterlesen

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Moral und Müdigkeit im modernen Kriminalroman Teil II

Die ewige Jugend der Verbrecher

Anatomie einer moralischen Leerstelle

Die Helden sind müde geworden, aber das Böse bleibt frisch. Das ist vielleicht die grausamste Wahrheit des modernen Kriminalromans: Während Rebus, Wallander und Bosch an Körper und Gewissen erodieren, scheinen ihre Gegenspieler unverbraucht, zynisch vital, auf ewig jung. Sie altern nicht, weil sie nichts erinnern. Weiterlesen

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Die Rettung der Gerechten

Wie man den Bunker moralisch überhöht

Es war einmal ein Land, das den Weltuntergang ökologisch korrekt vorbereiten wollte. Während andere Nationen Atombunker bauten, in denen wenigstens theoretisch noch Platz für ein paar zufällig Überlebende blieb, beschloss man hierzulande, die Prioritäten neu zu ordnen: Nicht mehr der Mensch an sich, sondern der Mensch in Funktion sollte künftig Vorrang genießen. Ein Vorschlag, so visionär wie konsequent: Wenn die Katastrophe kommt, sollen zuerst jene in Sicherheit gebracht werden, die sie verwalten. Weiterlesen

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Moral und Müdigkeit im modernen Kriminalroman Teil I

Die erschöpfte Moral

Alte Männer, kalte Welt

Es gibt kaum eine literarische Figur, die das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft so präzise vermisst wie der Kriminalermittler. Er steht zwischen Gesetz und Leben, zwischen Ordnung und Chaos, zwischen Schuld und Mitleid. Und er altert mit, unaufhaltsam, aber bedeutsam. Wenn man heute auf die großen Helden des europäischen und amerikanischen Kriminalromans blickt, dann sieht man vor allem eines: Männer, die nicht mehr können, aber nicht aufhören wollen. Weiterlesen

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