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Wenn ein religionskritischer Autor unter permanentem Polizeischutz steht, weil sein Leben von Anhängern dieser Religion – gemeint ist der Islam – bedroht wird und die veröffentlichte Meinung, der mediale Mainstream bestenfalls die Position eines lauten Schweigens einnimmt, dann stimmt in diesem Land etwas nicht. Dann ist die offene Gesellschaft, ist die bürgerliche Freiheit in großer Gefahr.
In seinem sehr persönlichen Buch, einer, wie der Untertitel es ausdrückt, „Warnung an den Westen“, legt Hamed Abdel-Samad den Finger in die schwärende Wunde einer von vielen Seiten unter Beschuss stehenden Errungenschaft der Aufklärung: sich seines eigenen Verstandes zu bedienen.
Wir sind, so der Autor, im Prinzip immer noch die Schimpansenherde, deren Tiere sich dem Stärkeren unterwerfen. Der Stärkere, das kann eine Ideologie oder Religion sein, eine, siehe Corona, politisierte Wissenschaft, eine Cancel Culture, eine kulturmarxistische Wokeness oder eine abgehobene Klimahysterie, kurz gesagt, der Verzicht auf das eigene Denken und die Unterwerfung unter einen fremden Willen.
Gleichgültig von welcher politischen Seite ausgehend, ist der Verzicht des Sapere aude!, des Wage es, weise zu sein!, die Axt, die in die Wurzel der Freiheit geschlagen wird.
Rechtsextreme Ideologien streben eine autoritäre Ordnung an, die demokratische Prinzipien ablehnt und auf Homogenität und Ausgrenzung setzt. Gruppen mit rechtsextremen Einstellungen bedrohen die bürgerlichen Freiheiten direkt durch Angriffe auf Minderheiten, politische Gegner oder Journalisten, und indirekt durch die Verbreitung von Angst und Einschüchterung. Diese Strömungen zielen darauf ab, das Vertrauen in demokratische Institutionen zu untergraben und die Gesellschaft zu polarisieren. Auch gezielte Desinformation in sozialen Medien spielt hier eine Rolle, um das Vertrauen in die Demokratie zu schwächen und extreme Positionen zu normalisieren.
Auch der Linksextremismus gefährdet bürgerliche Freiheiten. Linksextreme Gruppen lehnen demokratische Institutionen ab und streben eine radikale Veränderung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung an. Gewaltsame Proteste, Angriffe auf Eigentum sowie die Ablehnung demokratischer Strukturen zielen darauf ab, die bestehende Gesellschaftsordnung zu destabilisieren und durch ein alternatives System zu ersetzen. Dies könnte ebenfalls mit einer Einschränkung individueller Freiheiten einhergehen, da solche Gruppierungen oft zu direkten Aktionen aufrufen, die die Rechte anderer – wie etwa die Versammlungsfreiheit oder die Meinungsfreiheit Andersdenkender – bedrohen.
Radikale religiöse Ideologien, insbesondere der islamistische Extremismus (Das Kalifat ist die Lösung), stellen eine weitere große Bedrohung dar, die direkt auf die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten und Rechte abzielt, um eine theokratische Gesellschaftsordnung durchzusetzen. Diese Strömungen lehnen die säkulare Demokratie sowie die Gleichstellung der Geschlechter und Religionen ab. Religiöser Extremismus gefährdet damit die Religionsfreiheit und die persönliche Freiheit derjenigen, die nicht den Idealen der extremistischen Gruppe entsprechen.
Auch im politischen Mainstream können anti-demokratische Tendenzen eine potenzielle Gefahr für die bürgerliche Freiheit darstellen, wenn die veröffentlichte Meinung zu einem herrschaftssicherndem Medium mutiert.
Ein weiterer gesellschaftlicher Aspekt, der die Freiheit der Meinungsäußerung bedroht, ist der ideologische Druck zur Konformität (Schimpansenherde) in bestimmten gesellschaftspolitischen Fragen. Die sogenannte „Cancel Culture“ führt dazu, dass Personen mit vom offiziellen Meinungskanon abweichenden Aussagen öffentlich bloßgestellt oder ausgegrenzt werden. Dieser soziale und ideologische Druck kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Menschen ihre Meinung nicht mehr frei äußern, aus Sorge vor gesellschaftlichen Sanktionen. (Noch einmal: die Schimpansenherde).
Auch der extreme ökologische Aktivismus (Klimakleber) kann die bürgerliche Freiheit beeinflussen, wenn bestimmte Gruppen die Ansicht vertreten, dass nur durch radikale Maßnahmen gegen den Klimawandel eine lebenswerte Zukunft möglich ist. Dabei werden teils demokratische Prozesse umgangen, um diese Ziele durchzusetzen.
In seinem Buch „Der Preis der Freiheit“ verdeutlicht Hamed Abdel-Samad, wie wichtig eine Balance zwischen Meinungsfreiheit und dem Schutz demokratischer Strukturen ist. Ideologische Extreme, unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung, und fundamentalistische Religionen bedrohen die Freiheit der Bürger, weil sie demokratische Strukturen untergraben und eine polarisierte Gesellschaft fördern.
Alle Angreifer, alle Feinde der Demokratie haben eines gemeinsam, sie richten sich bequem in ihrer jeweiligen Blase ein und, das sieht der Autor vollkommen richtig, verweigern den ideologischen Gegner den Diskurs. Jeder für sich und alle gegen alle, so könnte man den aktuellen Zustand nicht nur in Deutschland bezeichnen.
Jede noch so marginale Minderheit fordert lautstark Anerkennung (was erst einmal vollkommen in Ordnung ist). Problematisch wird es in dem Augenblick, in dem aus dem „Schützenswerten“ heraus politische Forderungen gestellt und Sonderrechte beansprucht werden. Die Folge ist eine Zersplitterung der Gesellschaft, die denen, die am lautesten Schreien und medial gut vernetzt sind, eine ihnen nicht zustehende politische Einflussnahme ermöglichen. Demokratie funktioniert anders.
Nicht mit „Safe Spaces“ und Abschottung, mit Diskursverweigerung und absoluten Machtansprüchen, mit Gewalt gegen Andersdenkende und Kriminalisierung auch legaler Meinungsäußerungen lässt sich Freiheit verwirklichen, sondern führte geradewegs in eine totalitäre Dystopie.
Dem gilt es entgegenzuwirken. Die Lektüre dieser „Warnung an den Westen“ ist gerade weil sie auf philosophische Tiefgründigkeit verzichtet und anstelle dessen persönliche Erfahrungen verarbeitet und sich nicht in neuen Definitionen von Freiheit verirrt, überaus ernst zu nehmen.
Meine Bewertung:
Veröffentlicht am 29. Oktober 2024