Buchkritik -- Giorgio Agamben -- Die Erzählung und das Feuer

Umschlagfoto, Buchkritik, Giorgio Agamben, Die Erzählung und das Feuer, InKulturA Wenn Giorgio Agamben über Literatur philosophiert, dann kann der Leser gewiss sein, dass der Kulturphilosoph aus dem Vollen schöpft. Deshalb wird er auch nach Lektüre der zehn literarisch-philosophisch-religiös durchdrungenen Essays nur sprachlos Agambens stupende Kenntnisse bezüglich metaliterarischer Deutungen goutieren, denn, wie oft bei fast in Poesie abgleitenden Traktaten bezüglich des Wesens und des Mysteriums literarischen Schaffens, nimmt das staunende Publikum die Worte des Weisen erstaunt wahr, doch ob sie sich wissenschaftlich verifizieren lassen, bleibt die Frage.

Doch darum geht es Agamben in Wirklichkeit auch gar nicht. Sein Ziel ist der intellektuell reizvolle Taumel, lustvoll zwar, doch weniger auf normale Betriebstemperatur angelegt, sondern Ausdruck tiefer assoziativer Meditationen über Literatur.

In "Über die Schwierigkeit des Lesens", bereits im Dezember 2012 bei einer Podiumsdiskussion vorgetragen, stellt er z. B. die Frage, ob Dichtung "in Wahrheit nicht etwas ist, das die geschriebene Sprache unablässig bewohnt, bearbeitet und überdehnt, um sie jenem Unlesbaren zurückzuerstatten, aus dem sie hervorgegangen ist und in das sie zurückzukehren trachtet". Spätestens hier erkennt man, dass auch Agambens Philosophie im Wesentlichen "Dichtung" ist, die die Sprache "überdehnt", um das in ihr verborgen liegende "Unlesbare" der Wirklichkeit "zurückzuerstatten".

Auf alle Fälle befindet sich Agambens Denk- und Schreibstil auf allerhöchstem intellektuellen Niveau und seine Zuhörer und Leser wissen das mit Sicherheit zu schätzen, wenn sie denn, wie Agamben, weit über dem Tagesgeschäft stehen.




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Veröffentlicht am 5. Juni 2017