Buchkritik -- Hans Herbert von Arnim -- Das System

Umschlagfoto  -- Hans Herbert von Arnim  --  Das System Das politische System der Bundesrepublik Deutschland bedarf dringend einer Reform. Dies ist die zentrale Aussage des Buches von Hans Herbert von Arnim. Parteienfinanzierung, Ämterkungelei, politische Stiftungen und fehlende Bürgerdemokratie sind nur einige der Aspekte, die im Blickpunkt des Autors stehen. Waren bei Gründung der Bundesrepublik die Parteien allenfalls als Ausdruck der politischen Willensbildung des Volkes gedacht, so haben sie sich heute in einer Art und Weise verselbstständigt, daß ihre ursprüngliche Funktion fast vollständig verschwunden ist.

Die Parteien sind zu monolithischen Institutionen geworden, denen die Schwerfälligkeit eines urzeitlichen Dinosauriers anhaftet. Die politische Willensbildung, zu der die Parteien allenfalls beitragen sollten und die von unten nach oben, vom Bürger zur Legislative gehen sollte, liegt heute vollkommen in der Hand von den im Bundestag etablierten Parteien. Der Wille des Bürgers findet nicht mehr ausreichend Gewicht in der politischen Landschaft.

Ein weiteres arges Thema, so von Arnim, ist die Parteienfinanzierung und die Alimentation von Abgeordneten. Es ist einzigartig, daß sich Institutionen wie der Bundestag und die Länderparlamente unabhängig und unkontrolliert die eigenen Bezüge verordnen können. Wer von den Arbeitnehmern ist in dieser vorteilhaften Position, sich die Höhe seines Lohnes selber aussuchen zu können. Das Parteien Geld brauchen um vernünftig arbeiten zu können ist jedem klar, doch müßen es Steuergelder sein, deren Höhe sie auch noch selber bestimmen dürfen?

Der Ruf nach Reformen des politischen Systems wird immer lauter, doch von denjenigen die es hauptsächlich betrifft, wird dieser Ruf beständig ignoriert. Wer gräbt sich schon selber gern das Wasser, bzw. die Pfründe ab? Der Autor weist zurecht auf die Schwerfälligkeit der politischen Klasse hin. Reformen na klar, aber nicht auf unsere Kosten. Es sind vornehmlich "Zeitreiche" und "Immobile" Menschen, welche vom Parteinsystem profitieren können. Das erklärt die Zusammensetzung der Parlamente sowohl auf Länder- als auch auf Bundesebene. Zu über 80% bestehen sie aus Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder Beamten. Die Wahrscheinlichkeit, daß diese Gruppe Reformen, gerade im Ausgabensektor der öffentlichen Hand, auf den Weg bringt, ist mehr als unwahrscheinlich.

Wirklich gute, innovative Menschen, welche von der Politik dringend gebraucht werden, um die auf uns zukommenden Probleme zu lösen, werden auf diese Weise nicht erreicht. Die deutschen Parlamente und Senate sind üppig bezahlte Aussitzplätze für mittelmäßige Beamte, die in der freien Wirtschaft keinen Fuß auf den Boden bringen würden. Aus diesem Grund ist auch jede Reform des Systems mehr als unwahrscheinlich.

Willige Helfer finden die Parteien auch in den Medien. Viele Posten sind Belohnungen für parteipolitische Arbeit und werden nach Parteibuch und nicht nach Leistungsvermögen und Kenntnissen vergeben. Der sogenannte Proporz macht es möglich. Frei nach der Devise "Wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe".

Hans Herbert von Arnim beschreibt den inneren Zustand unseres politischen Systems sehr genau. Lang sind seine Aufzählungen dessen, was dringend verändert werden muß. Doch welche Vorschläge hat er? Seine Lösung liegt in der Verschiebung der Entscheidungen von der Parteienebene hin zu den Bürgern. Direkte Demokratie wo immer es möglich ist. Einige Länder und Gemeinden haben bereits gute Erfahrungen damit gemacht. Der politische Wille muß wieder von unten nach oben transportiert werden und nicht umgekehrt. Volksabstimmungen, Bürgerentscheide und vor allen Dingen die direkte Wahl von politischen Mandatsträgern können aus einer jetzt undurchsichtigen Entscheidungsgewalt eine dem Bürger entsprechende und von ihm auch gewollte demokratische Mitwirkung gestatten.

Ein Fehler ist von Arnim jedoch nicht so ohne weiteres zu verzeihen. Das Zitat auf Seite 357 ist nicht von Friedrich Schiller, sondern von Johann Wolfgang von Goethe. Ansonsten kann ich dieses Buch uneingeschränkt empfehlen. Seine Analysen sind zutreffend und den Leser überfällt mehr als einmal regelrechte Wut über die genannten Zustände. Es wäre gut, wenn sich der Bürger seiner eigentlichen Macht bewußt wird und diese auch politisch durchsetzt. Wagen wir endlich wirkliche Demokratie.




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