Buchkritik -- Eberhard von Brauchitsch -- Der Preis des Schweigens

Umschlagfoto  -- Eberhard von Brauchitsch  --  Der Preis des Schweigens Die "Parteispendenaffäre" einmal aus der Sichtweise desjenigen betrachtet, dessen Karriere durch seine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung 1987 ein jähes Ende fand. In diesem Buch versucht Eberhard von Brauchitsch der Öffentlichkeit ein anderes Bild von den damaligen Vorgängen zu vermitteln, als es seinerzeit die Medien getan haben. Er nähert sich sehr langsam seinem eigentlichen Anliegen. Auf weiten Strecken liest sich dieses Buch mehr wie eine Autobiografie als ein "Enthüllungswerk". Dieses hatte von Brauchitsch auch nicht vor zu schreiben, sondern sein Anliegen war ausschließlich die eigene Betrachtungsweise.

Selten habe ich beim Lesen eines Buches solche ambivalenten Gefühle gehabt wie diesmal. Einerseits der Respekt vor der beruflichen Leistung und dem Werdegang des Eberhard von Brauchitsch, der unbestritten einer der mächtigsten Männer der deutschen Wirtschaft zwischen 1960 und 1985 gewesen ist. Sein Lebensweg und seine erfolgreichen Tätigkeiten sowohl beim Flickkonzern als auch im Axel Springer Verlag sind beeindruckend. Viele seiner persönlichen Ansichten teile ich selber.

Doch es gibt da auch etwas, das zum nachdenken zwingt. Es ist das bis heute noch nicht einwandfrei geklärte Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik. War in den 80er Jahren viel die Rede von einer "gekauften Republik", so ist heute die Abhängigkeit der Politik von der Wirtschaft noch viel größer. Ebenso ungeregelt ist immer noch die Parteienfinanzierung. Trotz üppiger Alimentation aus der Steuerkasse nehmen Parteien nicht wenig Gelder aus dunklen bis schwarzen Quellen ein. Spendenaffären gibt es solange, wie die Bundesrepublik existiert. Bis heute ist es nicht gelungen, die Finanzierung der Parteien transparent zu gestalten.

Finanzielle Zuwendungen an die Parteien nennt von Brauchitsch "Schutzgelder", deren Ausbleiben für eine den Unternehmen nicht gerade gewogene gesetzgeberische Meinung bedeutet hätte. Es war zu jener Zeit die allseits benutzte und beliebte Methode, seinen durchaus legitimen Firmeninteressen mit finanzieller Unterstützung an die Parteien Nachdruck zu verhelfen. Ob das jedesmal funktioniert hat und ob es immer in diesem so schwer nachzuweisenden Bereich der Korruption geschehen ist, kann heute nicht mehr nachvollzogen werden.

Es war eine Zeit der Männerfreundschaften und nicht selten wurde Politik auf Firmenempfängen gemacht. Die Grauzone zwischen wirtschaftlichen Einflüßen und politischen Entscheidungen war mehr als undurchsichtig. Das ist bis heute nicht anders geworden. Man denke hier besonders an die Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Übernahme der Leune Werke durch Elf Aquitaine S.A. (seit 2000 Totalfina Elf S.A.).

Eberhard von Brauchitsch ist eine der wenigen tragischen Figuren jener Zeit. Alle diejenigen, die von ihm und anderen hofiert wurden, haben politische Karrieren gemacht. Seine eigene war 1987 vorbei. Man suchte Schuldige und fand Sündenböcke. Die wirklich Verantwortlichen in der Politik waren abgetaucht und auch Freundschaften zählten plötzlich nichts mehr.

Dieses Buch ist ein besonderes Sittengemälde des letzten deutschen Wirtschaftsaufschwungs. Die vielfältigen Beziehungen zwischen Politik und Wirtschaft, die Nichtregelung der Parteispenden und der immense Geldbedarf der Parteien führten zu solchen, heute anrüchigen, Verstrickungen. Auch wenn letztendlich niemandem der Vorwurf von persönlicher Bereicherung gemacht werden konnte, müßen diese Beziehungen doch äußerst kritisch gesehen werden.

Von Brauchitsch schrieb seine Sicht der Dinge auf, doch die Gerichte haben geurteilt. Auch über ihn. Er, der sich bis heute weigert, alle diejenigen beim Namen zu nennen, deren Einwirken für das funktionieren dieser Machenschaften gesorgt haben, ist daran gescheitert. Gewiß, es hat ihn bestimmt nicht arm gemacht, aber für jemanden, dessen Ziel es immer gewesen ist, kompetent und würdevoll eine herausragende Stellung in der Wirtschaft zu besetzen, glich die Verurteilung einem gesellschaftlichen Waterloo. Verdient hätten dies eigentlich ganz andere Personen.




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