Das Verhältnis, treffender ausgedrückt, das Mißverhältnis des modernen Massenmenschen zu seiner Umwelt ist hinlänglich bekannt. Ein weiterer Höhepunkt in dieser unrühmlicher Geschichte ist das Auftreten von BSE.

Eine Massengesellschaft benötigt eine Massenernährung. Alles muß immer und zu einem günstigen, billigen Preis vorhanden sein. Erdbeeren zu Weihnachten, Weintrauben im Februar und Rindfleisch das ganze Jahr über. Diese Forderungen beinhalten automatisch eine Nahrungsmittelproduktion, die mit dem natürlichen Kreislauf nicht mehr das geringste zu tun hat.

Ob in der Landwirtschaft Kunstdünger benutzt wird, der auf lange Zeit die Böden versalzt, oder in der Massentierhaltung unter grausamen Bedingungen Rinder, Schweine, Geflügel, etc. gehalten werden, das Ergebnis ist stets gleich - Maximierung der Erträge.

Immer größere Lebensmittelkonzerne betreiben mit ihrer Einkaufspolitik den Ruin von landwirtschaftlichen Betrieben. Naturnahe, ökologische Produktion lohnt nur in wenigen Fällen. Was auf den ersten Blick äußerst Verbraucherfreundlich aussieht, niedrige Preise und ein Überangebot von miteinander konkurrierenden Produkten, das erweist sich bei näherer Betrachtung oftmals als umweltschädlich, unökologisch und Verbraucherfeindlich.

Höhere Erträge und sinkende Erzeugerpreise, das ist die Devise von marktbeherrschenden Konzernen. Was als Vorteil für den Verbraucher ausgegeben wird, ist in Wirklichkeit Konsumentenverdummung. Wer glaubt daß es möglich ist, so jedenfalls will es uns die Werbung vormachen, gesunde Produkte zu einem preislichen Minimum herstellen zu können, der befindet sich schon in der Falle.

Jede qualitativ hochwertige Produktion kostet ihren Preis. Qualitativ hochwertig soll heißen, daß sowohl auf Erzeugerseite die Umwelt so weit wie möglich geschont wird, als auch auf der Verbraucherseite die Produkte frei von gesundheitsgefährdenden Stoffen sind. All dies ist nicht zum Nulltarif zu haben.

Der Fall BSE beweist dies einmal mehr. Ohne Rücksicht auf die natürliche Ernährungsweise von Wiederkäuern wird dem Futter Tiermehl beigemischt. Schafe, Rinder, Ratten, etc. als Futtermittelzusatz zur Wachtstumsbeschleunigung. Perverser kann man den Mißbrauch der Natur nicht treiben.

Genau diese Verfütterung von Tiermehl war der Auslöser für die BSE-Krise. Ursächlich eine Krankheit von Schafen, übersprang der Erreger durch eben diese Tiermehlverfütterung die Artengrenze. Zuerst befiel er Kühe und als logischer Schluß eben auch Menschen als dem letzten Glied in der Nahrungskette.

Politisches Versagen auf EU-Ebene spielte dabei eine ebenso wichtige Rolle, wie profitorientiertes Verhalten bei den Erzeugern. Das Problem war schon lange bekannt, doch aus wirtschaftlichen Gründen wurde es unter den Tisch gekehrt. Die Gewinne flossen weiter in altbekannte Kanäle.

Doch auch den Verbraucher trifft eine Mitschuld. Auf der Suche nach immer preiswerteren Angeboten nimmt er, der sich selber für mündig hält, die Gefahr in Kauf, minderwertige Produkte zu erwerben. Dabei ist es der Verbraucher, bzw. die Verbraucher in ihrer Gesamtheit, denen es möglich wäre auf das Verhalten von Erzeugern und Vermarktern Einfluß auszuüben. Ein wirklich mündiger Verbraucher weiß, was er von billigen, austauschbaren Lebensmitteln halten kann: nämlich nichts!

Doch solange die Verbraucher noch auf der Suche nach immer billigeren Produkten sind, solange arbeiten sie den Interessen der globalen Konzerne entgegen. Was zum Beispiel beim Kauf eines Autos schon lange an erster Stelle steht, nämlich die Sicherheit, daß ist bei Lebensmitteln genau umgekehrt. Hier steht in erster Linie der Preis und dann erst die Gesundheit. Würde man beim Kauf eines Kfz genauso handeln, dann würden auf unseren Straßen immer noch zweitürige Gogomobile herumfahren.

Das Thema BSE ist geradezu ein Paradebeispiel dafür, daß nicht alles den sogenannten Selbstregulierungsmechanismen des Marktes überlassen bleiben kann, denn erst dieser Markt sorgt für derartige Nahrungsmittelkrisen. Es wird solange gesundheitsgefährdende Nahrungsmittel geben, bis der Verbraucher seine Macht bewußt wahrnimmt und von der Nahrungsmittelindustrie bessere Lebensmittel verlangt. Ob es jemals so weit kommen wird, wage ich allerdings zu bezweifeln.