Buchkritik -- Evelina Jecker Lambreva -- Bulgarischer Reigen

Umschlagfoto, Buchkritik, Evelina Jecker Lambreva, Bulgarischer Reigen, InKulturA Die Prosa von Evelina Jecker Lambreva kreist nicht zuletzt um das Spannungsfeld von Vergangenheitsbewältigung und Neuanfang. Die jetzt veröffentlichten fünf Erzählungen der in Bulgarien geborenen und aktuell in der Schweiz lebenden und arbeitenden Autorin sind ebenfalls wieder Momentaufnahmen des alltäglichen, für die Protagonisten jedoch niemals banalen Lebens. Geschichte und Gegenwart begegnen sich spätestens dann, wenn eine Störung auftaucht, wenn ein Ereignis eintritt, das den aktuellen Moment im Rückgriff auf persönlich Erlebtes, auf individuelle Vergangenheit fragil werden lässt.

Nichts spiegelt das Aufeinandertreffen des Gestern mit dem Heute besser als der Generationenkonflikt, der eintritt, wenn das, was allgemein als Fortschritt, als Symbol einer neuen, vermeintlich besseren Zeit in das längst bewährte und selbst bestimmte Leben eines Individuums einbricht.

Ob es, wie in "Die Geißenfrau" das Ringen um persönliche Freiheit nach langen Jahren der Diktatur ist oder, wie in "Der kleine Dudelsackspieler", es sich um das Aufbrechen alter Ressentiments handelt, stets ist es - dramatisch erzählt in "Vatermord" und Vorurteile demaskierend in "Zinka", aber auch das ganz normale ländliche Leben Bulgariens illustrierend in "Osterkinder", der Moment des Einbruchs der Realität, des unmittelbaren Moments, der für die Störung einer Normalität verantwortlich ist, hinter der es sich vortrefflich abschotten lässt vor unbequemen Tatsachen - das literarische Können der Autorin, dies in ruhiger und abgeklärter, niemals aufdringlicher Diktion zu beschreiben.

"Bulgarischer Reigen" erzählt, typisch für Evelina Jecker Lambreva, mit ausdrucksstarken Bildern Geschichten über bulgarisches Leben, das sich, nicht negativ verstanden, immer noch im Prozess der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit befindet.




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Veröffentlicht am 20. Januar 2018