Umschlagfoto, Charles C. Mann, Kolumbus' Erbe, InKulturA Im Jahr 1492 begann für Europa und die Welt eine neue Zeitrechnung, die, Ironie der Geschichte, mit einem Irrtum begann. Der italienischer Seefahrer Cristoforo Colombo, in spanischen Diensten stehend, glaubte, einen Seeweg nach Indien gefunden zu haben und entdeckte dabei einen neuen Kontinent. Als er am 12. Oktober 1492 auf einer Insel der Bahamas, die er später San Salvador nennen sollte, den Boden des amerikanischen Erdteils betrat, konnte Kolumbus nicht ahnen, welche Bedeutung seine Reise für die gesamte Welt haben würde.

Der Wissenschaftsjournalist Charles C. Mann hat die daraus folgende erste Globalisierung in seinem Buch "Kolumbus' Erbe" beschrieben und, wie der Untertitel "Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen" es zum Ausdruck bringt, die ab diesem Zeitpunkt stattfindende Wechselwirkung auf nahezu allen Gebieten der Welt nachgespürt.

Es ist, um es gleich vorweg zu sagen, ein gelungenes Buch geworden. Abgesehen von seiner sprachlichen Brillanz und seinem temporeichen Erzählstil fällt Mann nicht in den Duktus des ach so modern gewordenen Europabashings, das mit platter politisch-korrekter Attitüde die Schuld des "Weißen Mannes" an den aktuellen politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen ehemaliger Kolonialländer beschwört.

Mit einer selten anzutreffenden Ausgewogenheit beschreibt Mann die historischen Fakten, die, auch wenn sie unserem heutigen Verständnis von Menschenrechten widerstreben, nun einmal so gewesen sind, wie sie waren. Er enthält sich wohlweislich einer Bewertung und konzentriert sich auf die Faktenlage. Dazu allerdings fällt ihm viel ein.

Sowohl der pazifische Austausch in Richtung Fernost als auch der atlantische mit dem Hauptziel Europa hatte ganz spezifische Formen angenommen. Auch in der Frage der Sklaverei, die, man muss die historische Tatsache einfach zur Kenntnis nehmen, in Afrika nicht unüblich gewesen ist und in vielen islamischen Herrschaftsbereichen durch die Mamelukken bis nach Europa gebracht wurde, bleibt der Autor bei den historischen Fakten, wenn auch diesbezüglioch etwas mehr Ausführlichkeit wünschenswert gewesen wäre.

Der Austausch zwischen der Neuen Welt und Europa brachte jedoch nicht nur Vorteile, sondern - Stichwort Kartoffelfäule - beförderte auch Krankheiten in Gebiete, in denen sie bislang unbekannt waren. So wurde die südenglische Küste von Malaria heimgesucht und, im Gegenzug, die nord- und südamerikanischen Ureinwohner Opfer von aus Europa eingeschleppten Krankheiten.

Leider, und das ist ein Manko, das wohl der Verlag zu verantworten hat, täuscht der deutsche Untertitel über den Inhalt des Buches. Im Original lautet er "Uncovering the New World Columbus created" und wird damit den Ausführungen von Charles C. Mann weitaus gerechter. So konzentriert sich der Autor in seinem Buch überwiegend auf die historischen Fakten des groß angelegten Austausches von Menschen und Waren. Überaus wichtig scheint ihm Brasilien und das Amazonasgebiet mit den dort lebenden und teilweise bis ins 20. Jahrhundert in Europa unbekannten indigenen Völker zu sein.

Das ändert jedoch nichts am Informationswert des Buches, der, ergänzt durch einen umfangreichen Anhang, aus diesem Werk ein herausragendes Beispiel einer interessanten Geschichtslektion für den globalhistorisch Interessierten macht.




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Veröffentlicht am 14. März 2014