Buchkritik -- Rolf Stolz -- Das Haus auf der anderen Seite

Umschlagfoto  --  Rolf Stolz --  Das Haus auf der anderen Seite Ist der Tod das Ende, oder ist er ein Übergang und damit ein neuer Anfang? Diese Frage ist so alt wie die Menschheit selber. Der Tod ist das letzte große Tabuthema in einer Welt, die sich ansonsten rühmt, alle Geheimnisse gelöst zu haben. Aus diesem Grund bedienen sich nahezu alle Sprachen euphemistischer Ausdrücke, um den Tod zu beschreiben.

Rolf Stolz hat einen davon zum Titel seiner phantastischen Kindheitsgeschichte gemacht. Das Haus auf der anderen Seite nähert sich dem Thema als Kindheitserlebnis aus der Sicht des 13-jährigen Alexander. Nach dem Umzug in ein neues Haus, dass sich an einem Fluss befindet, sieht er auf der gegenüberliegenden Seite ein Haus. Sein Problem: niemand außer ihm kann dieses Haus sehen. Seine Versuche, die anderen Familienmitglieder von der Wahrheit seiner Beobachtung zu überzeugen, führt zu teilweise ruppigen Auseinandersetzungen mit seinem vier Jahre älteren Bruder und seinem Vater.

Alexander, an der Grenze vom Kind zu einem Heranwachsenden, an genau dem Wendepunkt im Leben, der darüber entscheidet, ob es weiterhin gelingen wird, die Welt mit der grenzenlosen Offenheit und Neugier eines Kindes zu erleben, oder sich vom festen Regel- und Ritualwerk der Erwachsenenwelt vereinnahmen zu lassen.

Subtil schildert der Autor die vermeintliche Verwirrung des Jungen und sein Kampf gegen das Unverständnis der Erwachsenen. Sich davon nicht entmutigend zu lassen, unternimmt er einen nächtlichen Versuch, sich diesem Haus zu nähern. Dieser scheitert jedoch. Erst als er später gewahr wird, das seine Großmutter kurz vor ihrem Tod dieses Haus besucht, bedrängt er sie nach ihrer Rückkehr, ihn das nächste Mal mitzunehmen. Sie vertröstet ihm auf später, denn seine Zeit ist noch nicht gekommen.

Eine, im wahrsten Sinn bilderreiche (durch Illustrationen von Marina Volkova), Kurzgeschichte, die den Leser zurückführt zu seinen ersten Überlegungen und Vorstellungen vom Tod. Ende oder Übergang? Dieser Frage wird sich jeder einmal stellen müssen. Die Antwort darauf wird zeigen, ob man sich vom vermeintlich festen Normenkatalog der Erwachsenenwelt hat verführen lassen oder immer noch ein Gespür für die Unendlichkeit der Möglichkeiten besitzt.




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