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Sieht so das Paradies aus? Mildes Klima, ausnahmslos gut aussehende Menschen, die Arbeit macht Spaß und es bleibt viel Zeit für Hobbys und gepflegte soziale Kontakte. Hört sich doch gut an, oder etwas nicht?
Justin Cronins neues Buch spielt in dieser Gesellschaft, einem idyllischen Ort, versteckt vor einem zerfallenden Planeten, wo die Menschen ein langes, zufriedenes Leben führen, bis sie in den „Ruhestand“ gehen und auf eine Insel, die „Nursery“, gebracht werden, von der sie als junge Menschen zurückkehren. Wie alles, was zu schön klingt, um wahr zu sein, ist die Insel Prospera für einige das Paradies, aber nicht für alle. Unter den schönen Schein gibt es natürlich ein Klassensystem, denn irgendjemand muss immer die Drecksarbeit machen, selbst im Paradies, und die dienstbaren Geister beginnen zu rebellieren.
Proctor Bennett ist ein Direktor, der für die Abteilung für Sozialverträge arbeitet und dafür verantwortlich, die zu begleiten, die in den Ruhestand gehen möchten oder müssen. Er ist der Fährmann und hoch angesehen. Als es jedoch an der Zeit ist, dass sein eigener Vater gehen muss, beginnt Bennett, den Prozess und schließlich die Struktur seiner Gesellschaft infrage zu stellen.
Die Reaktion seines Vaters am Pier setzt eine Kettenreaktion in Gang, denn Proctor beginnt zu hinterfragen, was um ihn herum geschieht, während die Institution, für die er arbeitet, versucht, ihn auf politisch korrektem Weg zu halten. Die Gerüchte über eine Widerstandsgruppe sind dazu angetan, dass das scheinbare Paradies zusammenbrechen könnte, sollte die Rebellion erfolgreich sein.
Während der Fährmann mehr über die Welt, in der er lebt, herausfindet, beginnt auch der Leser zu begreifen, dass in diesem Buch nichts, aber auch wirklich nichts, so ist, wie es scheint. Täuschung, Irreführung, ein komplexer Plot und eine ganze Reihe multiperpektivische Erzähler führen die Leserinnen und Leser bis zum Ende in abenteuerliche und dramatische Wendungen. Jedes Mal, wenn man denkt, man weiß, worauf die Geschichte hinausläuft, wird man schnell eines Besseren belehrt. Wie gesagt, nichts ist so, wie es auf den ersten Blick ausschaut.
„Ferryman“ nimmt langsam Fahrt, denn die Beschreibung des vermeintlichen Paradieses auf den ersten 100 Seiten ist dermaßen Cronin untypisch, dass im Hinterkopf des Lesers einige Fragen auftauchen.
Doch dann, nach diesem langen Anlauf, beginnen sich Realität und Traum zu vermischen. Orte und Zeit werden fließend, umkreisen sich und bilden andere Realitäten, die durch den zahlreich vorhandenen Wechsel der Erzählperspektiven zusätzlich verstärkt werden.
Er erweist sich einmal mehr als Meister der verschachtelten Handlung, der Überraschungen und zieht mit seiner literarischen Diktion das Lesepublikum bis zur letzten Seite in den Bann.
Meine Bewertung:
Veröffentlicht am 19. Juni 2024