Buchkritik -- Kurt Flasch -- Der Teufel und seine Engel

Umschlagfoto, Kurt Flasch, Der Teufel und seine Engel, InKulturA Auch wenn man an den Teufel und seine Helfer nicht glaubt, ist es eine Tatsache, dass ohne sein Wirken die Geschichte Europas anders verlaufen wäre. Nicht nur in der Religion wirkte das immerwährende Böse, sondern davon beeinflusst, auch in der Ideen- und Realgeschichte. Der Teufel hatte, salopp ausgedrückt, seine Finger überall im Spiel.

Obwohl das aufgeklärte Abendland sich offiziell von der Idee des Teufels verabschiedet hat, feiert er doch gerade in den USA ein beachtliches Comeback. Bei Anton LaVey, dem Gründer der Church of Satan und auch bei den Evangelikalen und anderen christlichen Fundamentalisten spielt der Teufel eine wesentliche Rolle.

Der Philosophiehistoriker Kurt Flasch hat eine Geschichte des Teufels geschrieben und dessen Karriere von den Anfängen im Alten Testament bis zu seiner Metamorphose in eine Theaterfigur in Goethes Faust nachgespürt. "Der Teufel und seine Engel", so der Titel des tiefgründigen Werkes, ist in der Tat eine Biographie dieser illustren Figur, die noch im Buch Hiob erst den allmächtigen Vater um Erlaubnis bitten musste, einen frommen Mann traktieren zu dürfen. Doch mit dieser Unterwerfung war seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. Schluss. Der Teufel war inzwischen zu einem ernst zu nehmenden Gegner Gottes geworden.

Flasch legt sein Hauptaugenmerk auf die satanologischen Quellen aus der Zeitspanne zwischen Augustinus und Thomas von Aquin, immerhin fast 1000 Jahre. Heutige Leser werden angesichts der damaligen Debatten über die Natur und das Wirken des Teufels nur mit verständnislosem Schulterzucken reagieren, doch der Autor zeigt, auf welchem hohen Niveau und mit wie viel scholastischer Gelehrsamkeit man dem Teufel auf der Spur gewesen ist.

Doch auch der Gegenspieler Gottes war vom Wandel der Zeiten nicht ausgenommen und so wurde Satan ab dem 12. Jahrhundert als "reiner Geist" aufgefasst. Damit mutiert er gewissermaßen zu einem "Gleichen unter Gleichen", denn er stand fortan auf einer Stufe mit Gott.

Seit der Aufklärung ist der Teufel jedoch irgendwie aus der Spur geraten. Wissenschaftliche Erkenntnisse vertrieben den "Bösen" zunehmend aus dem öffentlichen Bewusstsein. Dafür feierte er in der Literatur seine Wiederauferstehung. Nachdem Flasch ausgiebig die "führenden" Satanologen zitiert hat, lässt er den Teufel in Gestalt des Mephistopheles in den Faustdramen zu einem Theaterteufel schrumpfen.

Die Moderne, Flasch geht darauf nicht ein, gibt sich gern teufelsfrei, doch, auch das erwähnt der Autor nicht, bis heute gehört der Große Exorzismus offiziell zum Ritus der katholischen Kirche. Nichtsdestotrotz ist die Biographie des Teufels und seiner Engel ein faszinierender Blick in die Religions- und Philosophiegeschichte.




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Veröffentlicht am 12. November 2015