Buchkritik -- Julia Friedrichs -- Gestatten: Elite

Umschlagfoto  -- Julia Friedrichs  --  Gestatten: Elite Das Wort Elite feiert, nachdem es über 40 Jahre aus dem aktiven Sprachschatz verbannt wurde, eine fulminante Wiederkehr. Eliteuniversitäten, Eliteförderung, Elitensuche, etc. zeigt, das sich dieser, einst verpönte Begriff, in gesellschaftlichen und politischen Diskussionen einen festen Platz erobert hat.

Elite, laut Definition die Auswahl der Besten, ist in aller Munde. Julia Friedrichs hat diesen Begriff, bzw. denjenigen, welche sich ihm zuordnen, einer kritischen Untersuchung unterzogen. In ihrem überaus lesenswertes Buch Gestatten: Elite hat sie sich auf die Suche gemacht, nach denen, die für sich das Wort Elite in Anspruch nehmen.

Ihre Reise führte sie durch Kindergärten, Schulen, Internate und private Universitäten. Die Ergebnisse sind mehr als ernüchternd. Elite, das bedeutet zumeist nicht intellektuelle Qualität, sondern in erster Linie einen gut gefüllten Geldbeutel, denn die von der Autorin besuchten Einrichtungen sind in erster Linie Wirtschaftsunternehmen, die ihren Kunden gegen gutes Geld versprechen, den Nachwuchs fit zu machen für die kommenden globalen Verteilungskämpfe.

Natürlich hat niemand der in diesen Wirtschaftszweig involviert ist, dies in aller Deutlichkeit ausgesprochen. Es ist dann doch lieber die Rede von Förderung des individuellen Potentials, von maximaler Betreuung und anderen pädagogischen Euphemismen. Das Fazit ist jedoch eindeutig: Gut betuchte Bürger können ihren Kindern den Aufenthalt in öffentlichen Schulen nicht zumuten, weil sie besorgt darüber sind, daß der Nachwuchs im kommenden internationalen Konkurrenzkampf unterliegt.

Wohlgemerkt, diese Sorgen sind berechtigt und niemand wird Erziehungsberechtigten die Pflicht absprechen wollen, für ihre Kinder das Beste zu ermöglichen. Dieser Meinung ist auch die Autorin. Doch bei ihren Untersuchungen stellt sie mehr als einmal fest, das der Begriff der Elite einzig dazu dient, gesellschaftliche Unterschiede zu zementieren. In diesem Fall sind sie finanzieller Natur. Wer es sich leisten kann mehrere tausend Euro im Monat für einen Schul- oder Universitätsbesuch zu zahlen, der ist automatisch auf der Sonnenseite der Gesellschaft.

Zumal, wie es die Autorin des öfteren beschreibt, sind es nicht die Besten eines Jahrgangs, welche diese selbst ernannten Eliteschmieden besuchen, sondern eher mittelmäßige Gestalten, die jedoch den großen Vorteil haben, daß ihre Eltern einen prall gefüllten Geldbeutel haben. In diesen Fällen beschränkt sich die eigene Vorstellung von Elite darin, teure Designermode zu tragen.

Julia Friedrichs vermeidet es in ihrem Buch, eine Neiddebatte zu entfachen, zumal sie selber die Möglichkeit hatte, in die schillernde Welt der Beraterfirmen einzusteigen - McKinsey hatte ihr ein lukratives Angebot gemacht. Daß sie sich anders entschieden hat, sollte kein Grund für Vorwürfe sein.

Sie weist mit ihren Buch nach, das der Begriff der Elite, so wie er heutzutage verwendet wird, erst noch mit einem akzeptablen Inhalt gefüllt werden muß. Dabei gibt es sie, diese Gruppe der Besten. In jeder historischen Phase waren sie prägend für die Gesellschaft in der sie lebten. Die Besten, weil Klügsten in ihrem jeweiligen Fachgebiet. Wissenschaftler, Techniker, Ingenieure, Philosophen, Pädagogen und viele andere.

Im Unterschied zur aktuellen Diskussion über den Platz der zukünftigen selbsternannten Elite, hatten die besten Köpfe niemals vor, leitende Position in der Gesellschaft zu übernehmen. Das sieht heute ganz anders aus. Wie selbstverständlich ertönt da schon mal die Forderung nach einer adäquaten Position in der höchsten Ebene. Davor kann man die Gesellschaft nur warnen.

Julia Friedrichs hat ein kluges Buch über diese neue Form der Selbsterhöhung geschrieben. Man kann den zukünftigen Generationen, die in diesem Land leben nur wünschen, daß es mehr Auswahlmöglichkeiten geben möge als ausschließlich zwischen Harz IV und McKinsey.




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