Buchkritik -- Frank Goosen -- Sommerfest

Umschlagfoto  -- Frank Goosen  --  Sommerfest Stefan, ein Ruhrpottler, den es nach München verschlagen hat, kommt für ein Wochenende zurück nach Bochum, seiner alten Heimat. Onkel Hermann ist gestorben. Jetzt gilt es an nur einem Wochenende das Haus zu verkaufen, in dem der Onkel nach dem Tod von Stefans Eltern gewohnt hat. Der eher unfreiwillige, eigentlich auf Kurzbesuch eingestellte Heimkehrer stößt dabei auf die Spuren seiner Jugend. Das ist dann auch der rote Faden, der sich durch den neuen Roman Sommerfest von Frank Goosen zieht.

Wer jetzt eine Fortsetzung von Goosens launigem Buch Radio Heimat erwartet, wird enttäuscht. Zwar blitzt an einigen Stellen noch die lebhafte Erzählweise auf und die Beschreibung kauziger Typen mit Ruhrpottschnauze erinnert entfernt an Radio Heimat, doch es gelingt ihm nicht, den Funken auf seine Leser überspringen zu lassen.

Stefan, sein Titelheld, ist nicht mehr der wache und kesse Bochumer, als der er seine Heimat verlassen hat, sondern mittlerweile ein Mann geworden, dem es nicht gelingt, Entscheidungen zu treffen. Soll er seine Beziehung in München beenden oder sie doch fortführen? Soll er zu dem Vorsprechen für eine Vorabendserie im Öffentlich Rechtlichen gehen oder nicht? Soll er seine Jugendliebe Charlie wiedersehen oder nicht?

Zwischen diesen drei weltbewegenden Fragen steht sein Wochenende in Bochum. Er trifft alte Freunde und zu seinem Leidwesen auch nicht so alte Freunde. Sieht man einmal vom manchmal aufblitzenden schlagfertigen Witz Goosens ab, sind die Dialoge etwas hölzern und den Figuren merkt man eine Müdigkeit an, die wahrscheinlich am permanenten Einfluss des Fußballspielens und dem übermäßigen Bierkonsum liegt.

Stefan, der Unentschlossene, ist hin und her gerissen von seinen Erinnerungen, die er am liebsten vergessen möchte und der Sehnsucht nach dem, was einst Heimat für ihn bedeutete. So orientierungslos taumelt er auch um seine ehemalige Freundin herum. Er möchte und er möchte nicht. Seine Unfähigkeit Entscheidungen zu treffen wird nur noch von seiner Sprunghaftigkeit übertroffen. Man müsste Charlie fast davon abraten, mit solch einem Zeitgenossen noch einmal eine Beziehung zu wagen.

Das geht auf über 300 Seiten so weiter. Das ist langweilig und die immer wieder aufs Tapet kommenden existentiellen Fragen nach dem "soll ich oder soll ich nicht", "gehe ich fort oder bleibe ich" sind kaum seitenfüllend. Der Leser wird der Lektüre schnell überdrüssig, weil Sommerfest ein Buch ist, dass sich halbherzig zwischen längst zum Relikt gewordenen Ruhrpottcharme und vorpubertärer Sinnsuche bewegt. Man ist des Öfteren versucht, Stefan, dem Mann ohne Eigenschaften, entgegen zu schreien: "Krieg Deinen Arsch endlich hoch, Du lahmer Bierdeckel!"

Auffällig ist, dass das Ruhrgebiet eine Gegend ohne Migranten zu sein scheint, denn in dem Roman von Frank Goosen spielen ganze zwei eine klitzkleine Rolle. Ein - typisch - Imbissbudenbesitzer und sein Sohn - typisch - ein Fußballspieler. Das ist ja nun doch eine arge Verklärung dieser Region. Da muss der Autor aber schon lange nicht mehr vor die Haustür gegangen sein - so ungefähr 40 Jahre.

Schade, mit diesem Roman ist es dem Autor nicht gelungen an den Erfolg seiner bisherigen Bücher anzuknüpfen.




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