Buchkritik -- Robert Harris -- Der zweite Schlaf

Umschlagfoto, Buchkritik, Robert Harris, Der zweite Schlaf, InKulturA Der junge Priester Fairfax wird von seinem Bischof mit dem Auftrag, dort die Beisetzung des unter mysteriösen Umständen verstorbenen Pfarrers zu organisieren in das Dorf Addicott geschickt. Dieser war ein Sammler von in der Umgebung reichlich zu findenden Artefakten aus einer vergangenen Zeit. Münzen, Glasscherben, Spielzeug aus Plastik und ein Gerät mit dem Abbild eines angebissenen Apfels hat der Tote in seinen Privaträumen hinterlassen.

Ein Gerät mit dem Abbild eines angebissenen Apfels als Artefakt? Klar doch, denn England und auch der Rest der Welt haben eine Apokalypse hinter sich, die die Menschen in eine präindustrielle Zeit katapultiert hat. Kirche und König haben die Macht, erstere verbietet die Suche und das Sammeln von postapokalyptischen Gegenständen. Als Fairfax die Gegenstände, darunter das Buch eines umstrittenen Historikers aus der Vergangenheit, der mögliche Gründe für eine globale Katastrophe aufführt, findet, ist seine Neugier geweckt und aus seinem eigentlichen Auftrag für die Beerdigung des Pfarrers zu sorgen, wird die Suche nach weiteren Artfakten.

Was für ein Thema, eine globale Katastrophe und deren Gründe! Was hätte Robert Harris alles aus diesem Plot machen können? Leider ist er steckengeblieben, nicht im Boden, der die historischen Gegenstände verbirgt, sondern leider in einer Geschichte, die sich permanent um Fairfax und seine Beziehungen zu den Gemeindemitgliedern verliert. Nach einem langen Anlauf versandet die Handlung sprichwörtlich im Matsch.

Leider erfährt der Leser bis auf eine einmal erwähnte militärische Auseinandersetzung mit dem „Nordkalifat“ nichts über die politischen Verhältnisse zu anderen, ebenfalls von der Katastrophe betroffenen Nationen. Auch der Auslöser der Apokalypse wird nicht geklärt, was kein Manko sein müsste, wenn es Robert Harris denn gelungen wäre, die persönlichen Probleme und Glaubenskonflikte seines Antihelden Fairfax zugunsten einer stringenten Handlung etwas auszublenden.

Was bleibt dem Leser, der sich nach den rund 400 Seiten die Frage nach den Gründen der globalen Katastrophe stellt und warum ausgerechnet die Kirche – wie im europäischen Mittelalter – wieder die bestimmende Kraft ist und warum das Material, aus dem die gefundenen Trinkhalme bestehen Plastik genannt wird – die technologisch hoch entwickelte Kultur ist doch untergegangen und mit ihr eigentlich auch die Bezeichnungen –? Na klar, Fragen über Fragen und keine Leseempfehlung.




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Veröffentlicht am 12. Oktober 2019