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In „Die Schuld des Vergessens“ wird DCS Kat Frank mit ihrem Team, zu dem auch der KI-Detektiv Lock gehört, zu einem mysteriösen Fall gerufen: Ein Mann wird gekreuzigt auf einem Hügel in Nuneaton gefunden. Für Kat und Lock ist dies ihr erster gemeinsamer Fall in Echtzeit, nachdem sie bereits erfolgreich an mehreren Cold-Case-Ermittlungen gearbeitet haben. Doch die Situation eskaliert, als nur wenige Tage später eine weitere gekreuzigte Leiche auftaucht. Plötzlich sieht sich Kat nicht nur mit der Jagd auf einen potenziellen Serienmörder konfrontiert, sondern auch mit einem Fall, der immense mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht – insbesondere auf ihren digitalen Kollegen Lock.
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Ermittlungen, wie es in diesem Thriller dargestellt wird, ist ein hochaktuelles Thema. Ermittlungsbehörden weltweit setzen zunehmend auf KI-gestützte Technologien wie Predictive Policing oder spezielle Softwareplattformen wie Palantir, um komplexe und datenintensive Aufgaben zu bewältigen. Solche Systeme können gewaltige Datenmengen in kürzester Zeit analysieren, Muster erkennen, Verbindungen herstellen und damit eine bisher unerreichte Effizienz in den Ermittlungen ermöglichen. Auch im Buch zeigt sich Lock als äußerst fähiger Ermittler, der Social-Media-Kanäle durchforstet, Profilvergleiche anstellt, potenzielle Verdächtige und Opfer identifiziert und sogar bei Autopsien assistiert.
Jedoch wirft der Fall auch die ethischen und praktischen Herausforderungen der KI-Nutzung auf. Während KI-Systeme wie Lock oder reale Pendants wie Palantir bei der Datenanalyse unschlagbar sind, stoßen sie an ihre Grenzen, wenn es um das Verständnis menschlicher Emotionen, feiner Nuancen in Gesprächen oder kulturell bedingte Subtexte geht. Lock erinnert in seiner Präzision und seinem Lernprozess an Figuren wie Data aus Star Trek und steht oft vor der Herausforderung, den Unterschied zwischen Mensch und Maschine zu überwinden. Trotz seiner überragenden kognitiven Fähigkeiten fehlt ihm die emotionale Intuition, die für das Lösen bestimmter Verbrechen unerlässlich sein kann. So besteht die Gefahr, dass entscheidende Hinweise übersehen werden oder Fehlinterpretationen durch die fehlende menschliche Komponente entstehen.
Kat Frank, im Gegensatz zu ihrem digitalen Kollegen, bringt das menschliche Element in die Ermittlungen ein. Sie kämpft nicht nur mit der Komplexität des Falls, sondern auch mit persönlichen Herausforderungen: Der Verlust ihres Mannes und das Aufwachsen ihres Sohnes haben sie geprägt und machen sie zu einer vielschichtigen Figur. Diese Mischung aus persönlicher Tiefe und beruflichem Engagement steht im Kontrast zu den oft emotionslosen Analysen von Lock und gibt der Geschichte eine zusätzliche Ebene.
Die Autorin Jo Callaghan bietet mit ihren Kenntnissen im Bereich der Auswirkungen von KI auf die Arbeitswelt einen Einblick in eine Zukunft, die nicht allzu fern erscheint. Durch den gezielten Einsatz der Technologie im Polizeiwesen zeigt der Roman sowohl die Vorteile als auch die Schattenseiten der Digitalisierung auf. Gerade in einem Fall, in dem die mediale Aufmerksamkeit stark auf den Einsatz von KI fokussiert ist, wird die Frage aufgeworfen, ob und wie weit Maschinen wirklich in der Lage sind, die menschliche Seite von Ermittlungen zu ersetzen.
Besonders interessant ist dabei der Aspekt, dass die Mordserie in „Die Schuld des Vergessens“ Männer in den Fokus rückt; eine ungewöhnliche Abweichung von typischen Kriminalfällen, bei denen Frauen häufig die Opfer sind. Dieses Detail sorgt für zusätzliche Spannung und verweist auf gesellschaftliche Rollenumkehrungen, die auch im echten Leben zunehmend thematisiert werden.
Insgesamt verbindet der Roman geschickt klassische Kriminalermittlung mit Sci-Fi-Elementen und persönlichen Entwicklungen der Protagonisten. Die Fragen, die durch den Einsatz von KI aufgeworfen werden, wirken zeitgemäß und relevant und machen die Geschichte zu einem spannenden Thriller, der in eine mögliche nahe Zukunft weist. Die Andeutung einer Fortsetzung am Ende lässt zudem Raum für weitere Erkundungen der spannenden Dynamik zwischen Mensch und Maschine.
Meine Bewertung:
Veröffentlicht am 5. Oktober 2024