Buchkritik -- Esther Kinsky -- Banatsko

Umschlagfoto  -- Esther Kinsky  --  Banatsko Ein Roman, der kein Roman ist. Das empfindet der Leser bei der Lektüre von Esther Kinskys Buch Banatsko. Das muss nicht schlecht sein. Im Gegenteil, die aktuelle Veröffentlichung der Autorin zieht das Publikum mit seinen dichten Meditationen über eine Landschaft im Niemandsland zwischen Serbien, Ungarn und Rumänien in ihren Bann. Zeit scheint keine Rolle zu spielen in dieser vergessenen und von der lärmenden Gegenwart gemiedenen Region.

Die Ich-Erzählerin trifft im Sommer in Banatsko, einer kleinen Stadt in Serbien ein. Dort endet die Eisenbahnlinie und mit ihr die gewohnte Sichtweise der Neu-Angekommenen. Es gilt jetzt, das Übermaß an Zeit mit den richtigen Worten zu versehen. Menschen und Dinge verlieren ihre gewohnte erzählerische Perspektive und müssen erst mühsam wieder neu erfunden werden.

Diese Suche nach dem Ursprünglichen, nach dem was übrig bleibt, wenn die geläufigen Begriffe an ihr Ende kommen und keine treffenden Aussagen und Beschreibungen mehr möglich sind, setzt Esther Kinsky in eine atmosphärisch dichte Sprache um, die eher eine narrative Vivisektion darstellt, als geläufig-gefällige Prosa.

Gewiss, der Text sperrt sich, sperrt sich gegenüber konsumierender Lektüre und literarischer Pretiosität. Der Leser ist gezwungen, will er sich denn mit der Autorin auf die Suche nach dem Dahinter begeben, genau hinzusehen und seinen Blick in der immer wieder beschriebenen Weite der Landschaft zu verlieren. Erst der Verzicht auf die gewohnte Betrachtungsweise ermöglicht das gewahr werden einer den Dingen innewohnenden Transzendenz, deren Existenz wohl nur in einem Landstrich möglich ist, der so vollkommen abgekoppelt von jeglicher Zukunftsillusion, auf das Vergehen von Zeit wartet.

Die wenigen im Buch erwähnten Menschen sind dann auch immer dabei, in der Weitläufigkeit der Landschaft irgendetwas zu erspähen. Worauf sie in Wirklichkeit warten, wird niemals ganz deutlich. Sie sind mehr oder weniger stumm. Kommuniziert wird mit einer in Bruchstücke zerfallenen Sprache, die aber trotzdem immer dazu in der Lage ist, das Wesentliche zu transportieren.

Banatsko stemmt sich dem nur konsumierendem Leser entgegen und fordert eine fast schon philosophische Disziplin. Esther Kinsky beschreibt eine Rückkehr, die weit mehr als eine Spurensuche des Vergangenen darstellt. Es gilt, die Dinge und ihren Zusammenhang neu zu ergründen. Genau das funktioniert nur abseits des Alltäglichen. Wer dazu bereit ist, sich auf das Kontemplative dieses Buches einzulassen, den erwartet eine stille aber intensive Leseerfahrung.




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