Buchkritik -- Emil Hakl -- Kiras Version

Umschlagfoto, Buchkritik, Emil Hakl, Kiras Version, InKulturA František, von seinen wenigen Bekannten nur Eff genannt, lässt sich mehr oder weniger motivationslos im Strom des Lebens treiben. Als er sich eines Tages aus seiner Wohnung aussperrt, ahnt er nicht, dass er bald Teil eines Experiments wird, dass sein Leben aus der Bahn wirft. Er irrt bei seiner merkwürdig unstrukturierten Suche nach Hilfe durch Prag und endet schließlich bei einer Gruppe gesellschaftlich Gestrandeter. Dort sucht ein alter Mann das Gespräch mit ihm und macht den Vorschlag, an einem wissenschaftlichen Feldversuch teilzunehmen. Zusammen mit einem Kollegen hat der Alte ein künstliches Wesen, eine Frau, konstruiert, die durch den Kontakt mit Eff ihre sozialen Kompetenzen erweitern, eigentlich jedoch erst einmal erlernen muss.

Františeks Gefühle gegenüber Kira sind zu Beginn zwiespältig. Einerseits Skepsis und unterschwellige Ablehnung, andererseits Neugier und, je länger das Zusammenleben dauert, zunehmende emotionale Bindung. Obwohl sie mit unglaublicher Geschwindigkeit die sozialen Umgangsformen lernt, bleibt die menschliche Gefühlswelt für sie rätselhaft und eines Tages beschließt sie, sehr zum Leidwesen von Eff, der sich in Kira verliebt hat, mehr Abstand in ihre Beziehung zu bringen, um ihren Horizont zu erweitern. Lebenslanges Lernen für Maschinen. Doch gerade das war im Plan der beiden alten Konstrukteure nicht vorgesehen und so nimmt die Geschichte ein für Eff und Kira dramatisches Ende.

Der tschechische Autor Emil Hakl hat einen Roman geschrieben, der vordergründig als Liebesgeschichte in tristen Zeiten gelesen werden kann. Doch damit würde man dem Autor, der sich bestens darauf versteht, mit doppeldeutiger Skurrilität zu erzählen, wahrscheinlich nicht gerecht werden. „Kiras Version“, tatsächlich ist sie das Resultat des zweiten Versuchs der beiden Erfinder, zeigt dystopische Züge einer Gesellschaft, die sich in Auflösung befindet.

So ist Eff nicht in der Lage, zielgerichtet auf das Problem „Ausgesperrt“ zu reagieren. Wissen scheint verloren gegangen zu sein und seine Suche nach Hilfe führt ihn zu einer Gruppe entwurzelter Menschen, gefangen in Alkohol, Drogen und Lethargie. Ausgerechnet dort treibt sich der Alte herum, zusammen mit seinem Kollegen unschwer als Duo des aktuell viel gescholtenen „Dirty White Old Man“ zu identifizieren, um den angerichteten Schaden zu reparieren – durch eine kybernetische Frau –, die für einen Neuanfang stehen soll. Doch dieser ist mehr als zweifelhaft, denn immerhin sind es die unbrauchbaren, sich als Motor der Zerstörung herausgestellten alten Ideen und Vorstellungen, die auch in Kiras Version für Probleme sorgen.

Was außer der Hoffnung auf bessere Zeiten bleibt übrig? Lachen, ob des Wahnsinns, wie es Eff zum Schluss macht und ein Hund der mit Begeisterung Whiskey schleckt.




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Veröffentlicht am 31. März 2019