Buchkritik -- Mark A. Gabriel -- Motive islamischer Terroristen

Umschlagfoto  -- Mark A. Gabriel  --  Motive islamischer Terroristen Die Terrroranschläge auf das World Trade Center und in einem Vergnügungsviertel auf Bali waren das Werk islamistischer Terroristen. Ihr erklärtes Ziel war es, so viel Menschen wie möglich zu töten. Die Frage, die nach solch schrecklichen Anschlägen gestellt wird, lautet immer gleich. Was geht in den Köpfen dieser Männer vor. Was sind ihre Motive und Beweggründe? Welche Gründe können von ihnen angeführt werden, um ihre Taten zu rechtfertigen?

Mark A. Gabriel geht in seinem Buch Motive islamischer Terroristen diesen Fragen nach. Diese, so der Untertitel des Buches, Reise in ihre religiöse Gedankenwelt, offenbart auf welche erschreckende Weise ihre Taten mit ihrer fundamentalen Auslegung des Koran zusammenhängen

Der Autor, Dozent an der Kairoer Al-Azhar-Universität und Imam einer Moschee in der ägyptischen Stadt Gizeh konvertierte vom Islam zum Christentum. Ein mutiger Schritt, wird doch ein Abtrünniger des Islam nicht selten mit dem Tod bestraft. Aufgrund seiner eigenen Lebensgeschichte kann er authentisch über seine Studien zum Thema Gewalt und Islam berichten.

Er stellt bei islamischen Fundamentalisten immer wieder fest, daß sie sich auf eine Zeit berufen, in der ihrer Meinung nach der Islam sein "Goldenes Zeitalter" hatte. Dieser, angeblich noch zu Lebzeiten des Propheten Mohammed existierende, Zustand hat sich im Lauf der Zeit radikal verändert. Der Islam und seine Gläubigen werden angeblich von allen Staaten, die dem Islam nicht folgen, unterdrückt. Ihr Ziel soll es sein, den Islam zu vernichten.

Zum Beleg dessen führt Gabriel diverse Koranstellen an, die zu einer Gegenwehr, zum Dschihad, führen sollen. Religiöse Fanatiker haben das Interpretationsmonopol für sich beansprucht. Der Autor zeigt schnell, das die vermeintlich Goldene Zeit des Islam geprägt war von Gewalt und Intoleranz. Die Expansion des islamischen Glaubens noch zu Lebzeiten Mohammeds war blutig und gewalttätig. Auf diese Zeit berufen sich, so Gabriel, die fundamentalistischen Extremisten und ihre geistigen Führer.

Hierbei unterscheidet der Autor zwischen den Figuren der Gründer, der Evangelisten und der Gefängnisinsassen. Die sog. Gründer waren im wesentlichen drei Personen, Hasan al-Banna, Abdul ala Maududi und Sayyid Qutb. Sie gründeten die Muslim-Bruderschaft (al-Banna und Qutb), bzw. Jema`at e-Islami (ala Maududi). Historisch vorausgegangen war der Zusammenbruch des Kalifats in der Türkei im Jahr 1924. Die islamischen Staaten waren dem Kolonialismus der europäischen Großmächte ausgeliefert. Diese Krise führte dazu, daß die Staaten unter islamischer Führung des Anschluss, wissenschaftlich und wirtschaftlich, an die Moderne verloren.

Auf die Gründer folgten die Evangelisten. Salah Sariah, Shukri Mustafa und Abdul Salam Faraj transformierten die Idee der Unterlegenheit in die Pflicht dagegen einen Heiligen Krieg zu beginnen. Der Dschihad war von nun an die Pflicht eines jeden Muslim. Der Islam wurde als allen anderen Religionen überlegen dargestellt und eine an sich schon gewaltbereite Religion, Gabriel zeigt dies anhand von vielen Koransuren, bekam einen extremistischen Charakter.

Die Gefängnisinsassen Abud Zummar, Karam Zohdy und Assim Abdul Maghed führten die Theorie von Heiligen Krieg weiter und ihr erklärtes Ziel besteht in der Neu-Etablierung des Kalifats und im Kampf gegen alle, die sich der Scharia, dem islamischen Gesetz widersetzen.

Mark A. Gabriel zeigt mit dieser historischen Entwicklung, wie die Gedankenwelt der Extremisten aussieht. Es ist eine Rückkehr zu einer vermeintlich gerechten Ordnung, in der nach islamischen Recht gelebt werden konnte. Das es diese Zeit niemals gegeben hat, interessiert diejenigen, die dieser Vorstellung folgen, nicht. Es sind jedoch, so der Autor, gerade nicht die ungebildeten und verarmten Massen, die dieser Theorie folgen, sondern gut ausgebildete junge Menschen, die zudem aus gehobenen Bevölkerungsschichten kommen.

Er zeigt zwar deutlich, welcher negative Kraft in ihrem Glauben steckt, es gelingt Gabriel aber nicht zu erklären, weshalb gerade Menschen, deren intellektuelle und finanzielle Mittel sich weit über dem Durchschnitt der Bevölkerung befinden, zum Terrorismus greifen, um ihre Ideale durchzusetzen. Zwar ist es nachvollziehbar und damit muß man Gabriel recht geben, daß Folter und Mißhandlungen im Gefängnis eine prägende Wirkung haben. Dies erklärt jedoch nicht vollkommen den Schritt vom Protest zum Terrorismus.

Sein Appell an die bislang schweigende Mehrheit der Muslime sich von den Fanatikern und Extremisten zu distanzieren, ist jedenfalls eindeutig. Ob er allerdings mit seiner Meinung recht hat, daß die Mehrheit der Muslime nicht die Einführung der Scharia wünscht, sei dahingestellt. Auf alle Fälle gibt er einige befriedigende Antworten darauf, in welcher Gedankenwelt zum Terror bereite Muslime leben.




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