Buchkritik -- Michael Moore -- Stupid White Men

Umschlagfoto  --  Michael Moore  --  Stupid White Men Der amerikanische Traum als Lebensziel und seine Erfüllung steht zur Zeit unter keinem guten Stern. Eine schwache Wirtschaft, hohe individuelle Armut trotz mehrerer Jobs, niedriges Ansehen im Ausland, geplatzte dot.com Illusionen, etc. - Amerika hat es nicht leicht. In genau diesen Zeiten schreibt der Filmemacher und Erz-Satiriker Michael Moore einen beißenden Abgesang auf die aktuellen politischen und wirtschaftlichen Zustände seines Landes.

Diese Generalabrechnung mit den USA trifft ins Zentrum des amerikanischen, d. h. eines überhöhten, Selbstwertgefühls. War es noch zu Zeiten des kalten Krieges eine sich immer wiederholende Behauptung von Seiten der USA, daß nur der "American Way of Life" dafür sorgen könne, daß sich die Probleme der Welt von alleine lösen könnten, so ist jetzt darüber Ernüchterung eingetreten. Die führende Nation der Welt hat mit eigenen massiven Problemen zu kämpfen, deren Lösung nicht in Sicht ist.

Moore attackiert politische und wirtschaftliche Korruption, den alltäglichen Rassismus und die Selbstgefälligkeit des weitaus größten Teils der Bevölkerung. Seine Analysen sind schlüssig und gut dokumentiert. Das Buch ist an den Stellen am besten gelungen, in denen Moore seinem Zorn freien Lauf läßt und schonungslos Mißstände wie Wahlbetrug, Verseuchung der Umwelt, etc. aufdeckt. Dort wirkt er engagiert und politisch äußerst motiviert. An den Stellen jedoch, wo er eine vermeintliche Botschaft zur Verbesserung von Zuständen vorlegt, z. B. ein Sitzstreik der Palästinenser zur Lösung des Nah-Ost-Problems, da wird es doch etwas infantil und bestenfalls naiv.

Wer, wie Moore die historischen Wurzeln eines Konflikts nicht berücksichtigt und darauf auch noch stolz ist, den kann man nun mal nicht ernst nehmen. Bei aller Satire, die der Autor über die Stupid White Men ausschüttet und die den Leser mehr all einmal zum schallenden Lachen bringt, will er doch ernster genommen werden, als es den Anschein hat. Seine Vorschläge sind dazu nicht besonders geeignet.

Michael Moore ist dort am besten, wenn er Zustandsanalysen betreibt. Die vermeintlichen guten Jahre unter Bill Clinton entlarvt er schnell als große Täuschung. Die Demokraten im amerikanischen Kongress sind für ihn nicht besser als die zur Zeit regierenden Republikaner. Letztere haben sogar den Vorteil, daß sie wenigstens ehrlich sagen, was ihre eigentlichen Ziele sind. Er beklagt Ämterpatronage und Korruption, Umweltzerstörung und die generelle Armut. Zu Recht weist er darauf hin, daß ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung immer reicher wird, der Rest jedoch der Armutsgrenze immer näher kommt und sie zum großen Teil schon überschritten hat.

Hinter dem Zyniker und Satiriker Michael Moore steckt ein Mensch, der sich nicht nur Sorgen um seine eigene Nation macht, sondern der an den Fehlentwicklungen der ganzen Welt leidet. Er sieht die USA, denen trotzdem seine ganze Sympathie gilt, in Gefahr, durch ihre Fehlentscheidungen von der Welt isoliert zu werden. Wenn er diese beschreibt ist er großartig, witzig und argumentativ auf der Höhe der Zeit. Genau dann ist sein Buch mit Gewinn und Genuß zu lesen. Doch bitte Mr. Moore: Machen Sie keine Verbesserungsvorschläge!




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