Buchkritik -- Ernst Nolte -- Der kausale Nexus

Umschlagfoto  -- Ernst Nolte  --  Der kausale Nexus Ernst Nolte, ein Historiker der unabhängig vom Zeitgeist seine Forschungen und Veröffentlichungen betreibt, legt mit diesem Werk eine, wie im Untertitel deutlich wird, Zusammenstellung von Studien, Artikeln und Vorträgen vor. Auch wenn er in seinem Vorwort betont, daß dieses Buch keine Zusammenfassung seiner bereits erschienenen Bücher darstellen soll, so wird der Leser doch einen Überblick und einen Einblick in das Denken von Ernst Nolte bekommen.

Zentraler Punkt seiner historischen Forschungen ist der Vergleich und die Gegenüberstellung von Bolschewismus und Nationalsozialismus. Dieser Vergleich, bzw. die daraus resultierende These Noltes, daß der Nationalsozialismus eine (Abwehr)Reaktion auf den sowjetischen Bolschewismus darstellte, löste 1986 den sogenannten "Historikerstreit" aus, in dessen Verlauf dem Autor der Vorwurf des Revisionismus und der Verharmlosung des Nationalsozialimus gemacht wurde.

Das vorliegende Buch Der kausale Nexus ist, entgegen der Eigeneinschätzung Noltes, ein Resümee dessen, was er in vielen Werken, besonders aber Der europäische Bürgerkrieg 1917-1945 und Streitpunkte dargelegt hat. Ernst Nolte erweist sich auch in seiner neuesten Veröffentlichung als ein unbestechlicher Analyst der Geschichte. Was er mit seiner Arbeit schon seit Jahren vorwegnahm, nämlich die kritische, vorurteilslose Auseinandersetzung mit den Wechselwirkungen und Reaktionen zwischen der Politik Adolf Hitlers und Josef Stalins, das ist heute zwar noch teilweise immer noch mit dem Attribut des Anrüchigen behaftet, doch immer mehr Historiker befreien sich von dieser akademischen und politischen Zwangsjacke der "Political Correctness" und stellen Fakten zur Diskussion, um dem Holocaust, wie Ernst Nolte zu recht behauptet, seine religiöse Bedeutung zu nehmen.

Nolte, weit davon entfernt die Verbrechen des Nationalsozialismus zu leugnen oder gar zu verharmlosen, stellt doch, wie jeder gute Historiker es tum sollte, die Verbrechen zweier totalitärer Herrschaftssysteme, Nationalsozialismus und Bolschewismus, vorurteilsfrei nebeneinander und kommt zu dem Schluß, daß das eine, der Bolschewismus, die Bedingung des anderen, des Nationalsozialismus, gewesen ist.

Dies ist der argumentative Ausgangspunkt seiner wichtigsten Werke. Dem kann man zustimmen oder auch nicht. Wichtiger jedoch als Zustimmung oder Ablehung ist die Tatsache, daß über eine wissenschaftlich historische These diskutiert werden muß und kann, ohne in eine wie auch immer geartete Ecke des Rechtsextremismus gedrängt zu werden. Nach seinen wichtigsten Veröffentlichungen war Ernst Nolte jedoch in wissenschaftlichen Kreisen mehr als umstritten und nicht selten sogar als der Wegbereiter eines neuen Deutschen Faschismus!!! beschimpft worden. Das ist natürlich Unfug und entbehrt zudem jeglicher akademischer Redlichkeit und dem Respekt vor den Werken dieses herausragenden Historikers.

Die wissenschaftliche Aufarbeitung von Geschichte braucht vor allem zwei Dinge: emotiale Distanz und intellektuelle Unvoreingenommenheit. Beides verkörpert Ernst Nolte geradezu idealtypisch. Wie oben schon erwähnt, man muß nicht allen seinen Thesen zustimmen, doch das Recht sie zu äußern, muß vorhanden sein. In diesem Sinn sollte man auch seinen Artikel "Warnung vor einem Gesetz für das Außergesetzliche" verstehen.

Nolte, der sich immer geweigert hat, die absolute Singularität des Holocaust anzuerkennen, zeigt in seinem Beitrag "Holocaust vor dem Holocaust, oder gewöhnlicher Genozid ?" die Entstehung und die Durchführung der Armeniergreuel in der Türkei zwischen 1915 und 1918. Auch das ist für Nolte ein Holocaust gewesen, ebenso wie die Vernichtung der südamerikanischen Ureinwohner durch die Spanier und die Ausrottung der Indianer auf dem nordamerikanischen Kontinent.

Es kann trotzdem nicht oft genug wiederholt werden, daß nirgendwo in den Büchern von Ernst Nolte die Verbrechen des Nationalsozialismus verharmlost werden sollen, doch sie werden denjenigen des Bolschewismus gegenüberstellt und in eine, durchaus zu diskutierende, Beziehung gebracht. Durch das Ausmaß der einen werden die der anderen keinesfalls entschuldigt oder relativiert, doch in ihrer Bedeutung und in ihrer schrecklicher Ambivalenz zueinander, werden sie in den Ablauf der Geschichte gestellt und untersucht.

Sein neuestes Werk ist sowohl für den Kenner von Noltes historischen Forschungen, als auch für diejenigen bestens geeignet, die sich mit diesen, bislang noch immer provozierenden Thesen auseinandersetzen möchten.

Weitere besprochene Bücher von Ernst Nolte:
Der Faschismus in seiner Epoche
Streitpunkte
Die Deutschen und ihre Vergangenheiten
Nietzsche und der Nietzscheanismus




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