Leseprobe -- Barabara und Walter Erdmann -- Pisspottschnitt und Zöpfe

Pisspottschnitt und Zöpfe
Wo anfänglich die Plumpsklos waren, gab es auch Jauchegruben — die lagen hinter den Stallungen — eine nach der anderen — und erst dahinter befanden sich die Gärten der einzelnen Bewohner. Ob jeder einen solchen besaß, ist mir nicht mehr im Gedächtnis, aber wir besaßen einen und die kinderlose Familie Laschinger auch. Das ist wichtig zu erwähnen, denn die Laube in Laschingers Garten galt als Anziehungspunkt aller in dieser Kolonie wohnenden Kinder. Glücklicherweise war das Ehepaar kinderfreundlich gestimmt — ich vermutete damals, dass der Klapperstorch sie schlichtweg übersehen und damit vergessen hatte — und so liebten sie eben uns und wir sie. Vorrangig deshalb, weil sie sowohl ein Goggomobil besaßen als auch einen Laubenschlüssel, den sie an uns Kinder verliehen. Und dann durften wir unser Kinderparadies betreten, ihren Garten und eben die besagte Laube, die möbliert, klein und fein einer Puppenstube glich. Die älteren Kinder unter uns mussten sich das Vertrauen der Besitzer dadurch verdienen, indem sie dafür sorgten, dass nichts zerstört und beschmutzt wurde. Alle Kinder wussten, wenn sie diese Laube betraten, dass es sich um ein Kleinod handelte, das sie mit äußerster Hochachtung zu betreten hatten. Mir ist kein Fall bekannt, in dem es zu Auseinandersetzungen, Beschwerden oder sogar einem Nein beim Ausleihen des Laubenschlüssels gekommen wäre — ein Beweis dafür, wie verlässlich wir damals als Kinder waren, was wir natürlich unserer Erziehung verdankten, die sich bei uns allen nur wenig voneinander unterschied.


*S. 39-40
Mit freundlicher Genehmigung der Autoren

Zur Buchkritik

Seitenanfang