Buchkritik -- Walter Rauscher -- Das Scheitern Mitteleuropas

Umschlagfoto, Buchkritik, Walter Rauscher, Das Scheitern Mitteleuropas , InKulturA Das Ende des Ersten Weltkriegs und die daraus resultierenden Bedingungen der Pariser Vorortverträge legten das Fundament für den kommenden Zweiten Weltkrieg. Walter Rauscher zeigt in seinem Buch "Das Scheitern Mitteleuropas 1918-1939" die fatale politische und wirtschaftliche Entwicklung Mitteleuropas nach 1918, die letztendlich in einer zweiten Katastrophe endete.

Als der Vielvölkerstaat der Habsburgermonarchie zerfiel, schlug die Stunde der Nationalstaaten, von denen viele, hauptsächlich in Südosteuropa, sich mit wirtschaftlichen Problemen konfrontiert sahen, denn mit dem Verfall der k.u.k. Monarchie verschwand ebenfalls ein großräumiger Wirtschaftsraum, den zu kompensieren sich als unmöglich erweisen sollte.

Ein weiteres fatales Erbe des Zerfalls des Vielvölkerstaates bestand in den jeweiligen Minderheiten der neuen Staaten, deren Autonomierechte nur unzureichend oder gar nicht garantiert wurden. Die jeweiligen nationalen Souveränitäten führten, da sie wirtschaftlich auf schwachen Beinen standen, schnell zu gegenseitigen Animositäten, die unter dem Deckmantel des Nationalen alte Ressentiments wieder aufleben ließen und dadurch eine Zusammenarbeit auf wirtschaftlicher und politischer Basis fast unmöglich machten.

In den zwei Jahrzehnten zwischen den beiden Weltkriegen führen wirtschaftliche Krisen, hohe Arbeitslosigkeit und nicht zuletzt die Auseinandersetzungen um territoriale Grenzen vermehrt zu gegenseitigem Misstrauen und nationalen Egoismen. Dazu kam ein schnell um sich greifender Antisemitismus, der zusätzlich die ohnehin schon schwierige Situation weiter verschärfte.

Als sich in Italien, Ungarn, Jugoslawien, Polen, Rumänien und Deutschland autoritäre Regimes bildeten, war der Weg zu einer erneuten militärischen Auseinandersetzung vorprogrammiert, die dann auch durch die Annexionspolitik Hitlers und die Tatenlosigkeit der westeuropäischen Staaten Realität geworden ist.

Walter Rauscher bringt die Ausgangslage des Zweiten Weltkriegs präzise auf den Punkt und beschreibt ein kollektives Scheitern, dessen Konsequenzen ein warnendes Beispiel für die Gegenwart sind.




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Veröffentlicht am 19. Februar 2017