Buchkritik -- Robert Levine -- Die große Verführung

Umschlagfoto  -- Robert Levine  --  Die große Verführung Täglich werden wir einem Sperrfeuer aus Manipulationsversuchen und Verkaufsstrategien ausgesetzt. Illusionsverkäufer sind bestrebt unsere Geldbörsen zu leeren und ihre eigenen zu füllen. Werbung, Verkaufsfahrten, vermeintliche Schnäppchen, etc. begleiten und auf nahezu allen Wegen. Wie funktioniert diese Manipulation? Wie werden wir dazu gebracht Dinge zu kaufen, die wir eigentlich gar nicht brauchen? Wie ist es möglich, daß wir ideologischen Rattenfängern folgen und dabei den kritischen Verstand ausschalten?

Robert Levine beschreibt in seinem Buch Die große Verführung diese, mal subtilen, mal brachialen Methoden der Verkaufsprofis. Munter schildert er seine persönlichen Erlebnisse, wie z. B. seine Teilnahme an Verkaufsveranstaltungen, aber auch seine Erfahrungen bei der Ausbildung von Verkäufern. Egal ob Auto, überteuertes Messerset oder Staubsauger, alles kann und wird durch Manipulationstricks verkauft. Bedürfnisse werden durch geschickte Beeinflussung geweckt und ein Millionengeschäft in Gang gehalten.

Die Beispiele die Levine anführt, sind zwar nicht neu und es gibt wohl nur wenige, die noch kein Opfer irgendeiner Manipulation geworden sind, doch seine Botschaft ist eindeutig: Wir werden schneller eingewickelt, als es uns lieb und bewußt ist. Absolut gelungen sind seine Untersuchungen zur "negativen Werbung". Diese suggeriert ihrer jeweiligen Zielgruppe, wie schlau sie doch sei, weil sie nicht auf die übliche Werbung hineinfällt und dann aber auch brav die Produkte der so mit "Antiwerbung" gepriesenen Produkte kauft. Ein voller Erfolg der Werbepsychologen. Überhaupt ist, so Levine, die eigene Einschätzung der Resistenz gegenüber Werbeaussagen nicht kongruent mit der Realität. In Untersuchungen gab die Mehrzahl der Befragten an, sich nicht von der Werbung beeinflussen zu lassen - von ihren Mitmenschen hatten sie allerdings eine ganz andere Meinung. Wieder ein Erfolg der Werbestrategen, denn die beste Werbung ist diejenige, welche die jeweilige Zielgruppe nicht als solche erkennt.

Mag man es im Bereich des Marketings noch amüsant finden und sich selber als nicht immer gegen gewitzte Werbestrategien immun bezeichnen, so liegt der Fall doch anders, wenn es um Manipulationen in der Politik geht. Viele, wenn nicht alle Konflikte sind die Resultate aus Beeinflussung und Verführung. An dieser Stelle darf das berüchtigte Gehorsamsexperiment von Stanley Milgram nicht fehlen. Robert Levine geht auch kurz darauf ein. Etwas ausführlicher beschäftigt er sich mit dem Massenselbstmord der Anhänger des "Volkstempel" von Jim Jones. Wie konnte es diesem selbst ernannten Prediger gelingen, seine Anhänger so zu manipulieren, daß sie ihm kollektiv in den Selbstmord gefolgt sind? Levine beschreibt die Taktiken des (der) Verführer(s) und zeigt auf eine erschreckende Weise, wie sie zu ihren Erfolgen gelangen.

Niemand ist dagegen gefeit und jeder ist wohl schon einmal in der Situation gewesen, etwas getan zu haben, von dem er vorher felsenfest behauptet hat, daß er es niemals kaufen, brauchen oder machen würde. Die Erkenntnis, daß wir alle solche schwachen Momente haben ist ernüchternd, doch nur wenn wir uns über die Methoden und Taktiken derjenigen, die uns manipulieren wollen im klaren sind, können wir uns dagegen wehren. Robert Levine zeigt uns einige Methoden der Verführer und wie man sie erfolgreich abwehren kann. Sein Buch ist nicht so sehr, wie der Untertitel "Psychologie der Manipulation" ankündigt, eine wissenschaftlich fundierte Analyse wie Manipulation in unserem Bewußtsein geschieht, sondern eine, für den Alltag geschriebene Lektion darüber, was passieren kann, wenn wir nicht permanent unsere Sinne und unsere Kritikfähigkeit beisammen haben.

Wer von sich behaupten kann, noch niemals das Opfer einer Täuschung geworden zu sein, der braucht dieses Buch nicht zu lesen. Auch wer eine wissenschaftliche Theorie der Manipulation unter Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstand mit Querbezügen zur Psychologie, Soziologie und Biologie erwartet, wird enttäuscht. Für diejenigen allerdings, die hinter die alltäglichen Tricks der gar nicht so geheimen Verführer blicken möchten, ist dieses Buch eine gute Empfehlung.




Meine Bewertung:Bewertung