Buchkritik -- James Romm -- Der Geist auf dem Thron

Umschlagfoto, Buchkritik, James Romm, Der Geist auf dem Thron , InKulturA 323 v. Chr. starb in Babylon überraschend Alexander der Große. Bis zu seinem Tod hatte er ein, auch nach heutigen Maßstäben gemessen, Weltreich erobert. Dem Sprössling des kleinen makedonischen Königshauses der Argeaden gelang etwas, was vor ihm noch niemand geschafft hatte. Die Grenzen der damals bekannten Welt zu erweitern und sie an den indischen Subkontinent zu verschieben. Sein Tod, Gerüchte um ein Mordkomplott sind bis heute nicht ausgeräumt, war der dramatische Wendepunkt griechischer Expansion Richtung Osten und gleichzeitig der Beginn des Zerfalls von Alexanders Großreich, denn er hatte zu Lebzeiten – große Führer neigen zum Gefühl der Unsterblichkeit – versäumt, einen Nachfolger zu bestimmen. Seine letzten Worte auf dem Sterbebett, den stärksten seiner langjährigen Gefährten zum Herrscher zu machen, scheiterte an der Frage, wer denn der Stärkste sein.

Bereits vorher kam es zwischen Alexander und seinen Männern zu Auseinandersetzungen über den weiteren Verlauf der Eroberung. Müde und enttäuscht von ihrem Anführer, kam es verstärkt zu Revolten gegen den Feldherren, der nicht gegen den Widerstand seiner Generäle ankam und den Rückzug nach Griechenland – freilich mit einem gewaltigen Umweg – beschloss.

James Romm beschreibt den Zerfall von Alexanders Reich während der folgenden 25 Jahre. "Der Geist auf dem Thron" ist eine Geschichte von Intrigen, politischen Morden, Verrat und Herrschaftsträumen. Fast minutiös schildert Romm die Ereignisse, die der Tod Alexanders ausgelöst hat.

Gleichzeitig, und das ist für den Rezensenten die eigentliche Leistung des Buches, erweitert der Autor die wohl niemals endende Geschichte menschlicher Archetypen um ein weiteres Kapitel. Unter der stets dünnen Oberfläche der Zivilisation – wie fragil muss diese zur Zeit Alexanders gewesen sein, als ethische Fragen noch nicht auf der Agenda von Herrschern standen – lauert immer der Trieb nach Macht, der nicht selten bereit ist, alles zu seiner Befriedigung zu unternehmen.

Bereits Alexander, der wie viele historische Personen den Beinamen „der Große“ erhielt, weil er, sagen wir es deutlich, ein Menschenschlächter gewesen ist und den die Geschichtsschreibung trotzdem als Botschafter griechischer Kultur betrachtet, war ein Getriebener, der ohne Skrupel einen seiner besten Freunde und Kampfgefährten tötete, weil der es wagte, Alexanders Pläne zur Vermischung der Kulturen zu kritisieren.

Neben den ausführlichen und faktengesättigten Ausführungen des Autors steht immer wieder der letztendlich dunkle Trieb des Menschen, alles zu unternehmen, um Macht und Reichtum zu erlangen. Dass beides eher ephemeren Charakter besitzt, beweist dieses hervorragende Buch von James Romm.




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Veröffentlicht am 10. Jnauar 2017