Buchkritik -- Markus Saischek -- Mit Blut geschrieben

Umschlagfoto  -- Markus Saischek  --  Mit Blut geschrieben, InKulturA Nicht noch ein Vampirroman. Das waren zugegebenermaßen meine ersten Gedanken, als ich das Buch "Mit Blut geschrieben" von Markus Saischek in meinen Händen hielt, doch zum Glück wurde der Konflikt zwischen Skepsis und Neugier zu Gunsten letzterer entschieden. Bei der aktuellen Flut von Literatur über Vampire, Werwölfe und anderen, die Phantasie eines vorwiegend weiblichen Lesepublikums erregenden Nachtgestalten ist es angeraten, einen Blick zurückzuwerfen und sich die Ursprünge dieses Genres wieder ins Gedächtnis zu rufen.

Der erste Vampirroman wird in der Regel dem irischen Schriftsteller Bram Stoker zugerechnet, dessen Buch "Dracula" im Jahr 1897 erschien. Doch bereits 1872 veröffentlichte Sheridan Le Fanu, ebenfalls Ire, die Novelle "Carmilla", in der von einer jungen Frau erzählt wird, die einem weiblichen Vampir begegnet. Während Stoker seine Geschichte in Anlehnung an LeFanu ursprünglich in der Steiermark spielen lassen wollte, verlegte er sie später nach Siebenbürgen, das Ende des 19. Jahrhunderts zur k.u.k. Monarchie Österreich-Ungarn gehörte und heute ein Teil Rumäniens ist. Hier in Transylvania, so die englische Übersetzung für Siebenbürgen, fand Stoker die historische Figur seines Romans. Vlad III. war für seine Grausamkeit im Kampf gegen die Osmanen berüchtigt und bereits zu seinen Lebzeiten bildeten sich um seine Person zahlreiche Legenden.

Im Gegensatz zu Bram Stoker ließ Sheridan Le Fanu seine Erzählung komplett in der Steiermark spielen und genau an diesem Punkt setzt der Roman von Markus Saischek an. Der Journalist Richie Huber, dessen berufliche Fähigkeiten nur noch von seinen mäßigen Ambitionen unterschritten werden, erhält von einem, sich mysteriös gebenden Business Consultant namens Alexander Fischer den finanziell lukrativen Auftrag, für eine "dritte" Person Erkundigungen über die lokalgeschichtlichen Schauplätze der Novelle "Carmilla" anzustellen.

Mit diesem, auf den ersten Huberschen Blick harmlosen Auftrag, beginnt für Richie eine surreale Zeit der Illusionen, Täuschungen und Wahnvorstellungen. Graz, die Heimat Hubers hat sogar für österreichische Verhältnisse den Ruf einer verschlafenen Provinzstadt und trotzdem hält sie für den Journalisten so manche Überraschung und einigen Schrecken bereit. Je tiefer ihn seine Recherchen führen, desto mehr gleitet er in eine Welt vermeintlicher Zweideutigkeiten und rätselhafter Erscheinungen ab. Mehr und mehr erscheinen die Dinge für Richie in einer bislang nicht wahrgenommenen Ambivalenz und die vertraut geglaubte Grazer Umgebung taucht ein in ein Zwielicht aus Doppeldeutigkeit und Paranoia.

Markus Saischek erzählt mit typisch alpenländischer Nonchalance eine phantastische Geschichte, in deren Verlauf sein des Öfteren an der Zuverlässigkeit seines eigenen Verstandes zweifelnder Protagonist einem perfiden Plan auf die Spur kommt. Richie bemerkt schnell, dass hinter den Fassaden so mancher Bauwerke Kräfte am Werk sind, die das Licht des Tages scheuen und die erst mit beginnender Dunkelheit ihren wahren Neigungen frönen.

Der Autor wäre ein schlechter Lokalpatriot, wenn er nicht dem wohl berühmtesten Grazer Bürger eine Hommage erweisen würde. Auf Schloss Hainfeld wandelt Richie auf den Spuren von Joseph von Hammer-Purgstall, Orientalist und Übersetzer der Werke des persischen Dichters Hafis. Nebenbei lernt er dort die jetzige Besitzerin Laura Lehner kennen, deren äußeres Erscheinungsbild den Journalisten davon überzeugt, dass sie eine resolute, aber ansonsten die Grenzen der Normalität nicht überschreitende Schlossherrin darstellt. Wie er sich doch täuscht!

"Mit Blut geschrieben" ist ein Roman abseits der gängigen Klischees von blutsaugenden und die Taktung von Frauenherzen beschleunigenden Vampiren. Nicht nur für Richie Huber hält die Geschichte einige Überraschungen bereit. So erweisen sich die Gestalten der Nacht dann auch als ganz andere Figuren, als es ihnen angedichtet wird. Die spannende Frage, ob es wirklich Vampire in der Steiermark gibt, kann letztendlich nur das in der Regel immer gut informierte Reinigungspersonal am Grazer Flughafen beantworten.

Wem dieser Roman wider erwarten nicht gefällt, der kann ihn trotz allem gutes Gewissens als ein Grazer Tourismusführer der etwas anderen Art betrachten.




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