Buchkritik -- Roberto Saviano -- Gomorrha

Umschlagfoto  -- Roberto Saviano  --  Gomorrha Wenn ein Autor über kriminelle Vereinigungen recherchiert und darüber ein Buch veröffentlicht, muss er sich darüber im Klaren sein, daß er von ihnen, in diesem Fall die Camorra, ins Visier genommen wird. So erging es auch dem Autor Roberto Saviano, der in seinem Buch Gomorrha über die Hintergründe dieses süditalienischen Wirtschaftssystems berichtet.

Nach der Veröffentlichung stand der Autor unter Polizeischutz und ist, wenn man den Aussagen seines Verlages glauben schenken kann, dazu gezwungen, seinen Wohnort ständig zu wechseln. Das ist verwunderlich, schreibt Saviano doch nichts unbekanntes. Seine Recherchen können in Zeitungen, Magazinen und Reportagen nachgelesen werden. Seine Schilderungen über den Einfluß und die wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen sind in jedem veröffentlichten Untersuchungsbericht zu diesem Thema zu finden.

Saviano erzählt also beileibe nichts Neues. Er zitiert keine Informanten, er besitzt schlicht und einfach keine Quelle, die ihm Wesentliches, bislang Unbekanntes, mitteilen könnte. Diese Tatsache macht die Lektüre dieses Buches sehr langatmig. Seine Schilderungen wiederholen sich oft und seine Aufzählungen der Spitznamen sämtlichen Bosse sind nur nervig.

Der Leser erhält das Gefühl vermittelt, daß Saviano zwar immer dabei ist, wenn ein Mord geschieht, er jedoch zu seinem Leidwesen immer nur eine Randfigur spielt. Sein manchmal bis zum Überdruß larmoyanter Sprachstil wirkt auf den Leser mehr als ärgerlich. Der Autor wieselt dem Verbrechen hinterher, hier den Geruch von Blut wahrnehmend, dort den Beigeschmack der Angst wittern, an anderer Stelle sogar sein eigenes Blut schmeckend um das Odium des Verbrechens nachempfinden zu können.

Der Autor will Hintergründe offenlegen. Das gelingt ihm leider überhaupt nicht. Er bleibt ausschließlich an der Oberfläche, die ihn zweifelsohne sehr fasziniert, stecken. Zwar beschreibt er eindringlich das Phänomen der kriminellen Schattenwirtschaft und die Verstrickung der normalen Menschen in das Netz der Camorra, doch die Tatsache, daß es ihm nicht gelingt, über das Offensichtliche hinaus, das Reich der organisierten Kriminalität zu bereisen, macht das Buch zu einer zwiespältigen Lektüre.

Es gibt Autoren, die es besser gemacht haben.




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