Buchkritik -- Barbara Erdmann -- Schleudertrauma gratis

Umschlagfoto, Buchkritik, Barbara Erdmann,  Schleudertrauma gratis , InKulturA Wer in Deutschland geboren ist, zu seinen Heimatländern aber auch Polen zählt, hat naturgemäß einen geschärften Blick für die jeweiligen Eigenheiten, Auffassungen und Gewohnheiten der Menschen in diesen beiden Ländern. In einer Zeit, die sich die Ideologie eines universellen Menschenbildes auf ihre Fahnen geheftet hat und die keine Unterschiede zwischen Völkern und Nationen mehr kennen will, ist es kein geringes Wagnis über die je eigenen Mentalitäten, die es ja ohne Zweifel gibt, zu berichten.

Barbara Erdmann ist diesen menschlich, allzu menschlichen Befindlichkeiten "diesseits und jenseits der Oder" wieder einmal mit Augenzwinkern und Schmunzeln auf der Spur. Aus dem üppigen Erfahrungsschatz, der von ihrer ersten Begegnung mit Polen noch in der Zeit, als der Eiserne Vorhang die sog. freie Welt von der Diktatur sowjetischer Prägung trennte, bis in die Gegenwart reicht, erzählt sie über Gemeinsames und Trennendes, über Lächerliches und Nachdenkenswertes.

Immer mit Respekt vor dem oder der Anderen, auch wenn z. B. eine "Empfangsdame die Höflichkeit eines Panzerschranks" annimmt, beschreibt sie Momentaufnahmen des normalen polnischen oder deutschen Lebens, das, politisch bedingt, jeweils unterschiedlich sozialisiert, nichtsdestotrotz aber über Konstanten verfügt, die durchaus als Nationalcharakter bezeichnet werden können.

Die große Politik, die zu oft die gesellschaftliche Realität aus dem Blick verloren hat, ist hier nicht die Sache der Autorin, sondern die vielen kleinen, das Leben der Menschen hüben und drüben bestimmenden Faktoren, die einmal mehr beweisen, dass keiner gleich, aber auch niemand besser als der andere ist.




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Veröffentlicht am 28. April 2018