Buchkritik -- Wieland Schneider -- Krieg gegen das Kalifat

Umschlagfoto, Wieland Schneider, Krieg gegen das Kalifat, InKulturA Wer über die Konflikte der Welt berichten will, muss die sichere und warme Redaktionsstube verlassen und sich dorthin begeben, wo die Gewalt Tagesprogramm ist. Einer dieser Journalisten, der von der vordersten Front berichtet, ist Wieland Schneider, Außenpolitik-Redakteur der österreichischen Tageszeitung "Die Presse". Seit mehreren Jahren informiert er u. a. über den Kampf der Kurden gegen die Terroristen des, wie sie sich nennen, "Islamischen Staates".

In seinem Buch "Krieg gegen das Kalifat" beschreibt er sowohl den rasanten Aufstieg dieser Terrorvereinigung, die, unter rigider Auslegung des Koran, im Irak, in Syrien und aktuell auch in Europa für Angst und Schrecken sorgt, als auch den Kampf vornehmlich kurdischer Einheiten gegen die Verbrecher im Namen Allahs.

Der IS, dessen Wurzeln auch im vom Westen unterstützten - die politische und religiöse Situation der betroffenen Ländern jedoch falsch beurteilend - "Arabischen Frühling" liegen, wurde lange Zeit von eben diesem Westen als marginales und lokales Problem betrachtet. Das erweist sich jetzt als Fehler.

Wieland Schneider hat die Region wiederholt besucht und seine Erlebnisse und Erfahrungen mit den kurdischen Kämpfern, zu denen auch Frauenbrigaden gehören, geschildert. Dabei zeigt er jedoch auch, wie zerstritten die verschiedenen Widerstandsparteien sind, die vorerst nur durch den gemeinsamen Feind zur Zusammenarbeit gezwungen werden.

Es ist eine Gemengelage aus teilweise konträren Zielen, welche z. B. zwischen der Türkei und Syrien die Positionen unklar erscheinen lässt. So benutzt die Türkei ihren vermeintlichen Kampf gegen den IS auch dazu, militärisch gegen die Kämpfer der PKK vorzugehen.

Dass eine internationale Allianz gegen den IS notwendig ist, wird den verantwortlichen Politiker erst jetzt langsam klar, da Europa das Ziel von hunderttausenden Menschen ist, die vor dem islamischen Terror fliehen. Diejenigen, denen es nicht gelungen ist, sich rechtzeitig vor dem IS in Sicherheit zu bringen, leiden, Schneider informiert darüber mit sachlicher Präzision, unter dem Diktat der selbst ernannten islamischen Tugendwächter.

Musik und Tanz sind ebenso verboten wie Fotos, auf denen Menschen dargestellt sind. Frauen werden gezwungen, ihren Körper komplett zu verhüllen, was sogar das Tragen von Handschuhen impliziert. Religiöse Minderheiten werden ausgelöscht, "Ungläubige" getötet und der Koran, so wie ihn die Terroristen des IS auslegen, als Richtschnur öffentlichen Verhaltens ausgewiesen.

Es ist Wieland Schneider zu verdanken, dass er in seinem Buch über die für den Außenstehenden nicht immer transparenten Zusammenhänge und die manchmal nur temporären Allianzen und Ziele der Beteiligten dieses Kampfes gegen den IS aufklärt.




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Veröffentlicht am 28. November 2015