Buchkritik -- Timo Rieg -- Verbannung nach Helgoland

Umschlagfoto  -- Timo Rieg -- Verbannung nach Helgoland Politikerschelte ist nicht gerade selten geworden. Es besteht in der Bevölkerung seit langem ein diffuses Gefühl des Misstrauens und der Abneigung gegenüber der politischen Kaste. Zu wenig fühlen sich die Bürger von den von ihnen gewählten Volksvertretern ernst genommen, zu sehr lassen sich Berufspolitiker von ihren eigenen Interessen leiten.

Timo Rieg hat diesem Gefühl in seinem bitteren und überaus pointierten Buch Verbannung nach Helgoland Ausdruck verliehen. Sein Fazit: Ohne Berufspolitiker lassen sich die Probleme besser lösen. Im Gegenteil, viele Probleme entstehen erst durch die Einmischung der Politik. Ob Gesundheitsreform, Arbeitsmarktreform, X..reform oder Y..reform, das Chaos ist vorprogrammiert. Machteitelkeiten werden bedient, Kommissionen gebildet, deren Aussagen, wenn politisch genehm, nichts neues sagen. Der Bürger bleibt sprachlos ob der politischen Belanglosigkeiten und der inhaltlichen Leere so mancher Politikerworte.

Ironisch und wütend zugleich nimmt der Autor die Zunft der Berufspolitiker unter die Lupe. Herausgekommen ist wenig schmeichelhaftes über das Wirken, bzw. nicht wirken der von uns gewählten Vertreter. Zu abgehoben vom realen Leben, zu entfernt von den wirklichen Problemen der Gesellschaft, leben die Politiker in einer nach ihren eigenen Regeln funktionierenden Welt. Opportunismus, Machtgeilheit und mangelnde praktische Intelligenz zeichnen das Gros der Volksvertreter aus. Unfähig einen Beruf außerhalb der künstlichen Atmosphäre der Politik auszuüben, dilettieren sie zwar auf hohem Niveau herum, doch Lösungen für die anstehenden Probleme können sie nicht bieten.

Der Leser schwankt bei der Lektüre dieses Buches zwischen Lach- und Wutanfällen. Was auf den ersten Blick anmutet wie ein Stück Realsatire ist leider die bittere politische und gesellschaftliche Wahrheit. Unsere Politiker sind unfähig. Hoffnungsvolle Talente werden auf ihrem Weg nach oben auf Parteilinie gebracht, oder sie sind zum Scheitern verurteilt. Wer in den oberen Etagen der Macht angekommen ist, der hat nichts mehr mit der gesellschaftlichen Realität zu tun. - dementsprechend sind die Leistungen unserer Volksvertreter auch zu bewerten.

Timo Rieg führt zahlreiche Beispiele für das Versagen auf hoher Ebene auf. Sein Lösungsvorschlag: Direkte Demokratie wagen und Entscheidungen vor Ort treffen. Der Bürger, bzw. die Bürger sollten ihre Geschicke nicht nur auf lokaler Ebene selber in die Hand nehmen. Seine zentrale Aussage ist eindeutig: Jedes Volk hat die Politiker, die es verdient. Erst wenn es gelingt den Einfluß der Parteipolitik und ihre Auswüchse bis hinein in die kleinsten Winkel der Gesellschaft zu stoppen, erst wenn der Bürger über sein unmittelbares Umfeld selber entscheiden kann, dann haben Politiker den Rang der ihnen eigentlich zusteht.

Was ein Machtverlust für die einzelnen Politiker bedeutet, kommt dem mündigen Bürger zugute. Entscheidungsfreiheit und Entscheidungskompetenz im Dialog mit aktuellen Problemen und deren Lösungen. Doch in der Realität werden dies die Berufspolitiker niemals zulassen, denn sie wissen genau, daß sie sich damit selber arbeits- und machtlos machen würden. Wer das Buch von Timo Rieg gelesen hat, der wird anders über unsere Volksvertreter denken als bisher.




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