Buchkritik -- Annemieke Hendriks -- Tomaten

Umschlagfoto, Buchkritik, Annemieke Hendriks, Tomaten , InKulturA Im Durchschnitt verzehrt der Deutsche, ob frisch oder auf der Tiefkühlpizza, in Dosen oder als Tomatenmark konzentriert, rund 25 Kilo dieser "Paradeiser", wie sie bei unseren österreichischen Nachbarn liebevoll genannt werden. Tomaten sind Reiseweltmeister. Der Weg zum Endverbraucher ist mitunter tausende von Kilometern lang. Holländische Tomaten finden sich auf rumänischen Märkten, mexikanische Tomaten werden von holländischen Händlern importiert und flugs in die Länder der Europäischen Union wieder exportiert.

Die Welt der Tomaten ist eine absurde. So werden die besonders bei deutschen Konsumenten so beliebten regionalen Produkte überwiegend im Ausland produziert und nach Deutschland importiert. Überhaupt, was bedeutet das vermeintliche Gütesiegel "regionaler Anbau"? Kürzere Transportwege oder, im Gegensatz zur als "Wassertomate" verrufenen holländischen Massenware, die wohlschmeckende Tomate vom freundlichen Erzeuger nebenan? Fehlanzeige, denn die Samen und Sämlinge stammen überwiegend aus den Niederlanden.

In Holland und Deutschland findet der Anbau in Gewächshäusern statt und dadurch ist die Tomate, im Gegensatz zum Freilandanbau in Südeuropa wenig Schadstoffen ausgesetzt. Das klingt erst einmal gut, doch was es in Spanien und Italien zum Nulltarif gibt, Sonnenlicht, muss in den nördlichen Regionen künstlich erzeugt werden und ist damit schlecht für die CO₂-Bilanz. So benötigt ein normaler Anbau in den Niederlanden oder in Deutschland genau so viel Energie wie 25.000 Haushalte. Wintertomaten aus Marokko benötigen viel Wasser, in der Region ohnehin knapp, und die Arbeitsbedingungen der mit der Ernte beschäftigten Menschen sind, wie teilweise auch in Süditalien, katastrophal.

Es ist eine an Kuriositäten, Fehlinformationen, nationalen Geschmacksbefindlichkeiten und Profitmaximierungen reiche Welt, die Annemieke Hendriks während ihrer jahrelangen Recherchen erlebt hat und in ihrem Buch beschreibt.




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Veröffentlicht am 1. Oktober 2017