Buchkritik -- Willam Broad, Stephen Engelberg, Judith Miller -- Virus

Umschlagfoto  -- Willam Broad, Stephen Engelberg, Judith Miller  --  Virus War es zu Zeiten des Kalten Krieges die Angst vor nuklearen Kriegen, welche die Menschheit bewegte, so besteht diese Angst in der Gegenwart vor biologischer Kriegsführung. Auf diesem Gebiet lassen sich mit relativ bescheidenen finanziellen Mitteln große Wirkungen erzielen. Ist es beim Bau einer Nuklearwaffe nicht ohne weiteres möglich den Kauf von waffenfähigem Material zu verheimlichen, so gelingt die Erzeugung von Viren schon mit vergleichsweise geringen Mitteln. Zu Recht ist die Angst vor einem terroristischen Angriff mit biologischen Waffen weit verbreitet.

Judith Miller, Stephen Engelberg und William Broad haben ein Buch veröffentlicht, das sich mit dieser Materie beschäftigt. Leider wird im deutschen Titel Virus das eigentliche Anliegen der Autoren, nämlich die US-amerikanische Reaktion auf das biologische Waffenarsenal der ehemaligen Sowjetunion, nicht deutlich. Das Hauptthema des Buches ist der lange Weg Amerikas zu einer eigenen biologisch-militärischen Forschung. Neben der Schilderung des irakischen und sowjetischen Potentials zur biologischen Kriegsführung nimmt die Entwicklung der US-amerikanischen Terrorbekämpfung einen großen Teil des Buches in Anspruch.

Es ist zwar durchaus interessant zu lesen, wie sich die innenpolitischen Richtungen der USA zu diesem Thema konträr gegenüberstanden, doch den deutschen Leser interessiert dies nur am Rand. Wirklich spannend und interessant wird dieses Buch an den Stellen, an denen die Autoren über die verschiedenen Viren berichten, die nur den kranken Gehirnen eines totalitären Systems entspringen konnten. Milzbrand-, Pest- und gentechnisch manipulierte Viren, gegen die es kein Gegenmittel gab, wurden von der Sowjetunion in Massen produziert. Der Irak hatte in den Jahren vor und auch noch nach dem ersten Golfkrieg ebenfalls eine umfangreiche Produktion an biologischen Waffenmaterial.

Eine große Schwäche des Buches besteht in der fast völligen Ausblendung der Tatsache, daß auch die USA eine eigene und umfangreiche Forschung auf diesem Sektor betrieben haben und sie wohl nicht nur, wie es die Autoren immer wieder behaupten, rein defensiver Natur war. Überhaupt ist dieses umfangreiche Werk doch sehr einseitig, wenn es um die Moral derjenigen geht, die solche Waffen produzieren. Immerhin hat der Irak, der ja lange Zeit ein überaus nützlicher Partner der USA in ihremn geheimen Kampf gegen den Iran war, seine Waffen und Ausrüstunggegenstände von den USA bekommen. Wer glaubt ernsthaft daran, daß dabei keine Informationen über die Produktion von waffenfähigen Biomaterial gewesen ist?

Die Autoren verschweigen zu oft die Tatsache, das auch die USA an den Möglichkeiten einer biologischen Kriegsführung interessiert waren. Der Umfang dieses Interesses und die Produktion haben sich gewiß von denen der ehemaligen Sowjetunion unterschieden, doch im Kern haben auch sie das "Spiel" mitgemacht. Viele der heutigen Probleme resultieren aus Altlasten der Vergangenheit. Trotz aller Schwächen und Längen ist dieses Buch eine empfehlenswerte Lektüre über den Irrsinn der biologischen Kriegsführung.




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