Buchkritik -- John Irving -- Witwe für ein Jahr

Umschlagfoto  --  John Irving  --  Witwe für ein Jahr Ein Werk über Kindheit und Erwachsenwerden, Liebe und die Suche danach, das Schreiben von Romanen, über Verletzungen der menschlichen Seele, über die Suche nach dem Glück und die Zuversicht, das es einigen auch gelingt, dieses Glück zu erreichen. John Irvings Roman "Witwe für ein Jahr" ist ein Buch über das Leben mit all seinen Facetten.

In beeindruckender Weise gelingt es Irving, einen Roman über die wichtigen Dinge des Lebens zu schreiben. Er zeigt, wie die Wunden, die wir in der Kindheit bekommen haben, unser Leben als Erwachsener bestimmen. Geschickt verflechtet er die eindrucksvoll dargestellten Personen und ihre jeweilige Geschichte zu einem Geflecht von real dargestellten Beziehungen.

Seine dargestellten Charaktere sind so realistisch, das sich der Leser fragt, ob hinter jeder im Roman vorkommenen Person nicht doch ein realer Mensch steckt. Irving nimmt sich viel Zeit, um seine Figuren und Teile ihres Lebensweges zu schildern. Niemals verliert er die Sympathie zu seinen Personen. Sie haben zwar Fehler, manche sogar schon Persönlichkeitsstörungen, doch Irving zeichnet sie mit Gelassenheit und Zuneigung. Der Autor will seine Leser nicht erziehen, sondern er erzählt einfach nur eine Geschichte. Das ihm das gelingt, ist bei Irving so gut wie sicher.

In jedem guten Roman steckt mehr Philosophie als in einer ontologischen Abhandlung. Der Leser kann daraus mehr Lehren und Parallelen zum Leben ziehen als aus theoretischen Darstellungen. Irving ist einer der Schriftsteller, dem dieser Spagat zwischen Anspruch und Unterhaltung gelingt. Niemals mit einem erhobenen Zeigefinger oder einer plakativen Moral, sondern mit Ironie und Witz beschreibt er menschliche, allzumenschliche Schwächen. Niemand ist frei davon.

Dieses Wissen um die Fehler, die Ecken und Kanten der menschlichen Seele, benutzt Irving dazu, seinen Personen wirkliches Leben einzuhauchen. Sie sind viel mehr als nur fiktive Gestalten eines Schriftstellers, sie stehen dort, wo jede Figur eines guten Schriftstellers stehen sollte, nämlich mitten im Leben.

John Irvings Roman "Witwe für ein Jahr" ist das beste Buch, das ich in der letzten Zeit gelesen habe. Es ist einer der wenigen Romane, die auch in zwanzig oder dreißig Jahren noch aktuell sein werden, denn die Themen welche Irving ausführlich beschreibt, werden auch dann noch nicht "gegessen" sein.




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