Umschlagfoto, Eugen Drewermann, Wozu Religion, InKulturA Bereits im Jahr 2003 erschienen, liegt jetzt eine um das Thema Islamismus aktualisierte Ausgabe des Buches "Wozu Religion?: Sinnfindung in Zeiten der Gier nach Macht und Geld" vor. Eugen Drewermann, gemessen an medialer Präsenz, einer der Stillen im Land, demontierte einst das Selbstverständnis der katholische Kirche, die darauf folgerichtig mit dem Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis, einem Predigtverbot und im März 1992 mit der Suspension vom Priesteramt reagierte.

Der ruhige, in der Sache jedoch unerbittliche Streiter für ein anderes Verständnis von Religion, das weit entfernt vom institutionalisierten Glaubensbetrieb den stets individuellen Weg der Gottfindung betont, musste den etablierten und von Staatswegen durch die Erhebung der Kirchensteuer bezahlten Verkündern des Wort Gottes ein Dorn im Auge sein.

So ist Drewermann der Meinung, dass in einer zunehmend materialistisch orientierten Welt der individuelle Glaube, und damit meint er nicht nur das Christentum, wieder eine zentrale Rolle spielen wird bei der Suche nach der Antwort auf die Frage des jeweils eigenen Sinn des Lebens. Für ihn sind diesbezüglich alle Religionen Ausdruck des Suche nach spiritueller Erfüllung, denn das Pascal`sche "Ewige Schweigen der unendlichen Räume", die Gleichgültigkeit des Universums den Menschen gegenüber fordert Religion geradezu hervor, denn nur diese, so Drewermann, könne dem Menschen Bedeutung und Trost in dunklen Stunden geben.

Lassen wir die Frage nach der vom Autor betonten Notwendigkeit von Religion einmal beiseite und widmen uns der aktualisierten Ausgabe, so stellt man fest, dass Drewermann diesmal etwas über sein Ziel hinaus geschossen ist. Wenn er davon spricht, dass aktuell im Namen der Religion ein "Krieg der Kulturen" geführt wird, dann vergisst er zu erwähnen, dass dieser Krieg dem Westen einseitig erklärt wurde.

Auch die Hinweise des Autors, der Westen habe durch seine Geschichte der kolonialen Ausbeutung dazu beigetragen, dass der Islamismus sein hässliches Haupt erhebt, zeigen eine etwas einseitige Interpretation historischer Fakten. Drewermann ist ein zu intelligenter und gebildeter Mensch, um nicht zu erkennen, dass der Islam dadurch seine Existenzberechtigung erhält, den Koran wörtlich auszulegen. Eine Wüstenreligion, per se gewalttätig und zu ihrer Zeit den historischen Gegebenheiten entsprechend, kann und darf im 21. Jahrhundert keine Gültigkeit mehr verlangen.

Genau diese wird jedoch von einem großen Teil der Moslems gefordert. In zahlreichen Untersuchungen und Befragungen haben auch in Europa lebende Moslems die Scharia als über den weltlichen Gesetzen stehend bezeichnet. Und genau so lange, wie der Islam keine Phase der Aufklärung durchmacht, so lange wird dieser weder von Christen, Juden, Buddhisten oder anderen Religionen erklärte Krieg andauern.

Es ehrt Drewermann, dass er in allen Religionen die gleiche Suche nach Gott verortet, doch in Bezug auf den Anspruch der Alleingültigkeit des Korans irrt der Autor, ja er nimmt ihn noch nicht einmal zur Kenntnis. Dabei liegt gerade im islamischen Anspruch auf Universalismus der Ursprung dieses einseitig erklärten Krieges.

Dabei sollte auch Eugen Drewermann die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass Islamisten den vom Autor immer wieder geforderten Dialog verweigern. Sie sind eben nicht die von Drewermann lokalisierten Opfer eines angeblich westlichen Kolonialismus, sondern einfach nur religiöse Fanatiker. Immerhin hatte auch das Christentum diesbezüglich so seine Pappenheimer. Doch, der Aufklärung und den langen Kämpfen um individuelle Freiheit sei Dank, ist diese Phase des Christentums vorbei. Diesen Weg hat der Islam noch vor sich. Ob er ihn geht, darf jedoch bezweifelt werden.




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Veröffentlicht am 27. Juli 2017